Alpen-Händelwurz
Gymnadenia alpina
(RCHB.f.) S.K. CHEREPANOV


Unterfamilie: Orchidoideae
Tribus: Orchideae
Subtribus: Orchidinae
Blütezeit: A 6 - E 7
Beschreibung

Anfang Juni erblühen auf alpinen Rasen kleine und durch ihre Gedrungenheit sehr robust und stämmig wirkende Pflanzen. Auffällig sind die meist am Grund gehäuften Blätter. Die Blühphase von G. alpina reicht bis in die letzte Juliwoche. Als Begleitpflanzen findet man z. B. Coeloglossum viride, Daphne striata, Gymnadenia odoratissima, Listera ovata, Nigritella rhellicani, Ophrys insectifera.
Diese Gymnadenia erreicht nur eine Höhe von 12 cm bis 24 cm.
Der Stängeldurchmesser unterhalb der Blüten ist bei diesen Pflanzen 1,5 mm bis 2 mm, am Boden beträgt er 2,5 mm bis 4 mm.
Sehr dicht wirkt der Blütenstand, sodass die Pflanze von weitem oft wie eine Nigritella erscheint. Die Farbe der Blüten ist meist hellrosa, mit einer himbeerfarbenen Spitze. In den Südalpen kann der Blütenstand etwas gestreckter in Erscheinung treten. Die Lippe ist oft nur schwach 3-lappig bis ungeteilt. Verwunderlich ist der nur schwache Duft dieser doch alpinen Form. Er erinnert leicht an Nelken und Vanille. Die Lippe hat eine Breite von 4,3 mm bis 5,3 mm.
Der Durchmesser des Sporns beträgt 0,6 mm bis 0,8 mm; er ist 14,1 mm bis 17,4 mm lang. Gymnadenia alpina hat die Tendenz zur Häufung der Blätter am unteren Teil der Pflanze, es folgen darüber 1 bis 3 Hochblätter.
Die Blattbreite am ersten unteren Blatt beträgt 4,7 mm bis 9 mm, die Länge 45 mm bis 95 mm, s. o.

Habitus von Gymnadenia alpina am Kranzberg bei Mittenwald – 15.6.08
Foto: W. Dworschak

Etymologie
Schon Reichenbach fil. hat 1851 diese Pflanzen als G. var. alpina bezeichnet.

Almwiese, am Weg zum Kranzberg mit typischen Gymnadenia alpina – 15.6.08
Foto: W. Dworschak

Infloreszenz von Gymnadenia alpina am Kranzberg bei Mittenwald – 15.6.08
Foto: W. Dworschak

Abgrenzung
Diese Gymnadeniaform ist eine gut abgrenzbare Art. Es sind keine ähnlichen
kurzstämmigen Gymnadenien in der Blühzeit von alpina in denselben Biotopen zu finden.
Auf der Suche nach ähnlichen, schon einmal in der Literatur erwähnten Pflanzen, trifft man unweigerlich auf den Namen Gymnadenia borealis, auf der Suche nach Beschreibungsunterlagen allerdings auf ein "Schwarzes Loch".
In der von G. Keller, R. Schlechter und R. Soó herausgegebenen Ausgabe "Orchideen Europas u. des Mittelmeergebietes" hat aber Gym. conopsea ssp. borealis einen kurzen Sporn (fruchtknotenlang)! In dem Buch "Illus. of  British and Irish Orchids" von Turner Ettlinger 1998 und ebenso in der schottischen Orchideenflora von Brian Allan und Patrick Woods 1993 sind jeweils langspornige Gymnadenien ähnlich "alpina" abgebildet. Die Übereinstimmung mit Reichenbachs "alpina", abgebildet in "Die Orchidaceen der deutschen Flora", ist frappierend. Reichenbach fil. beschreibt allerdings eine Gymnadenia borealis als Form von Gym. odoratissima. Nun ist die große Frage: Welche Pflanzen wurden bei den DNA-Untersuchungen von Bateman, Chase und Pridgeon als Gymnadenia borealis verwendet? Aber egal, welche Art verwendet wurde, das Wissen um eine genetische Andersartigkeit allein ist schon hilfreich bei der Abgrenzung einzelner Arten.
Kreuzungen mit Gymnadenia splendida ssp. odorata vermute ich vereinzelt am Kranzberg bei Mittenwald.

Habitus von Gymnadenia alpina am Kranzberg bei Mittenwald –  11.6.01
Foto: W. Dworschak

Gymnadenia alpina am Heimgarten bei Kochel – 2.7.06
Foto: W. Dworschak

Habitus von Gymnadenia alpina am Kranzberg bei Mittenwald – 7.7.05
Foto: W. Dworschak
Verbreitung

Bisher befinden sich alle Fundorte von Gymnadenia alpina in den Alpen, in Bayern hauptsächlich in Oberbayern, Schwaben und dem Allgäu, in einer Höhe zwischen 1200 m und 1950 m.

© AHO-Bayern e.V.
Verbreitungskarte im PDF- Format
Datenbasis AHO-Bayern und LfU

Karte mit Nachweis-Schwerpunkt ab 2021
Datenbasis AHO-Bayern
Almwiese am Kranzberg
Foto: W. Dworschak

Wenn Gymnadenia alpina gemeinsam mit Vertretern der Gattung Nigritella im Biotop vorkommt, findet man nicht selten auch die entsprechenden Hybriden.
Die wohl häufigste und am weitesten verbreitete ist die Kombination Gymnadenia alpina x Nigritella rhellicani.

Gymnadenia alpina x Nigritella rhellicani neben dem Weg zur Hochplatte in 1600 m – 27.6.95
Foto: W. Dworschak

Gymnadenia alpina x Nigritella rhellicani in den Ammergauer-Bergen – 20.7. 89
Foto: W. Dworschak

Werner Dworschak

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