Blutfleck-Ständelwurz
Epipactis sanguinea
S. HERTEL & H. PRESSER 2014


Zur Kenntnis einiger Epipactis-Arten in Italien, STEFAN HERTEL und HELMUT PRESSER; Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen. 31 (1): 148-188 (2014).

Abb. 1
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (Typus!); 08.08.2013
Foto: HP
 

Abb. 2
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (Typus!); 08.08.2013
Foto: SH
 

Abb. 3
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (Typus!); 08.08.2013
Foto: SH
 
Typus:
Italien, Ferdinandea, 1140 m s. m. 6.8.2013, hinterlegt im Herb. REG.

Etymologie:
Benannt nach der dominanten Färbung auf dem Epichil.

Wuchs und Größe :

kleine bis mittelgroße Pflanze, (15) 20-35 (bis 56) cm hoch

Stängel:

mittlere Stärke, selten gerade, meist etwas hin und her gebogen, im basalen Teil schwach, weiter oben etwas stärker flaumig behaart, grün

Blätter:

Niederblätter 0-1, manschettenförmig; Laubblätter 2-5, die größten 4-9 cm lang und 1,4-4,5 cm breit, breit lanzettlich, zugespitzt, grün, etwas überhängend; Blattansatz immer grün; Hochblätter 0-3, 3,5-7 cm lang und 0,7-2,1 cm breit, lanzettlich bis schmal lanzettlich, zugespitzt

Blütenstand:

Relativ kurz, locker, ein Viertel bis ein Drittel einnehmend, (5) 8-20 (35) Blüten; Spindel schwach flaumig weißlich-grau behaart

Fruchtknoten und Stiel:

Frucht grün, länglich und schlank, ca. 1 cm lang, unbehaart; Stiel grün bis leicht bronzefarben, sehr selten rötlich; kurz (bis 0,3 cm)

Tragblätter:

lanzettlich, die unteren bis 4 cm lang, +/- waagerecht orientiert, meist nur so lang wie die Blüten, das unterste z.T. deutlich länger

Blüten:

mittelgroß, meist leicht bis stärker hängend, in der Regel alle Blüten glockig geöffnet, Knospen länglich zugespitzt, vor dem Aufblühen geschnäbelt, hängend, im kleinknospigen Zustand senkrecht nach oben orientiert

Bestäubung autogam

Sepalen:

grün, schmal eiförmig, zugespitzt, die seitlichen ca. 1 cm lang und
0,4 cm breit

Petalen:

weißlich-grün, außen mit deutlicher, grüner Mittelrippe, rosa Tönung nur in den Randbereichen, eiförmig bis schmal eiförmig, ca. 8 mm lang, ca. 4 mm breit

Hypochil:

mittelgroß, kreisrund, ca. 4 mm x 4 mm, napfförmig, außen grün, innen rötlich braun, wenig Nektar führend

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil: U-förmig bis breit, mit breitem Kragen, flach

Epichil/Kalli:

breit dreieckig, stumpf, Spitze oft nach unten gebogen, ca. 3-4 x 3-4 mm, grünlich weiß mit intensiver schmutzig rotvioletter bis bräunlicher Färbung im oberen Drittel des Epichils, oft sogar die Hälfte einnehmend, etwas bis deutlich über die Kalli hinausstrahlend, Kalli nur im Zentrum bräunlich bis fast komplett bräunlich, deutlich ausgeprägte, nur leicht runzelige, aufgewölbte Seitenkalli, kein Mittelkallus

Gynostemium:

Klinandrium und Rostellum etwas reduziert, Viscidium vorhanden aber funktionslos; Narbe rechteckig, etwas gehöhlt ; Anthere sehr kurz gestielt, Antherenkappe oft schon beim Aufblühen eingetrocknet, Pollinien meistens bereits beim Aufblühen aufgequollen und krümelig

Blütezeit:

spät, E7 (A8) – E8 (M9)
Variabilität:

Epipactis sanguinea ist eine recht konstante Art mit relativ geringer Variationsbreite. Allerdings ist die Art bisher auch nur aus einem relativ kleinen Gebiet bekannt. Pflanzen in der Basilikata zeigen einen etwas schwächer gefärbten, etwas bräunlichen Fleck auf dem Epichil. Hin und wieder variiert die Intensität der Epichilfärbung. Es sind auch rein grüne Exemplare bekannt.
Verwechslungsmöglichkeiten:

Ep. sanguinea ist an ihren Standorten oft mit Ep. calabrica vergesellschaftet, der sie bei oberflächlicher Betrachtung, insbesondere im Habitus, ähnelt, beide blühen auch zur gleichen Zeit. Ep. sanguinea unterscheidet sich von Ep. calabrica durch die intensivere Färbung des Epichils und die flacheren Kalli, die fehlenden Rottöne in allen Pflanzenteilen bis auf Lippe und Petalen, die stark bröseligen Pollinien und die immer geöffneten Blüten. Die etwas heller grünen Laubblätter sind bei Ep. sanguinea etwas länger und schmaler und mehr zweizeilig angeordnet als bei Ep. calabrica, zudem oft etwas überhängend. Im knospigen Zustand lassen sich beide Arten durch die Färbung des Blütenstiels und die Form der Knospen unterscheiden.
Die Blüten von Ep. sanguinea ähneln denen von Ep. meridionalis. Allerdings unterscheidet sich letztere durch die in der Regel mehr oder weniger starke Violettfärbung der gesamten Pflanze und durch Allogamie deutlich. Die Farbverteilung kann bei grünen Exemplaren von Ep. meridionalis ähnlich sein, deren Pollinien sind aber kompakt, das Viscidium funktionsfähig. Die Blätter sind kürzer, oft verhältnismäßig breiter und kaum einmal überhängend. Wenn Ep. sanguinea aufblüht ist Ep. meridionalis an gleicher Stelle bereits fruchtend.
Verbreitung

Gebiet:

Aus dem Gebirge Serre in der weiteren Umgebung von Ferdinandea und Serra San Bruno in Kalabrien und aus der südlichen Basilikata nördlich des Mte. Pollino bekannt, vermutlich auch im südlichen Mt. Pollino

Höhe:

910 - 1350 m (vermutlich bis 1430 m)


Stand 2014
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info

Abb. 4
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH
Standort

Boden:

frische Böden mit ausreichend Feuchtigkeit zur Blütezeit, halbschattig bis schattig

Exposition:

alle Himmelsrichtungen

Biotoptyp:

kommt hauptsächlich in Buchenwäldern mit Tannen, gerne auch in jungen Tannenbeständen vor, selten in reinen Buchenwäldern oder unter Kiefern, manchmal in krautigen Tannen-Hochwäldern.

Besonderheiten
Besonders auffallend ist die Farbgebung der Lippe. Knospige Pflanzen weisen nur Grüntöne auf. Daher sticht das intensive Rotviolett des Epichils besonders hervor. Sterile Exemplare sind bisher nicht bekannt.

Problematik
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Abb. 5
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 6
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 7
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 8
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Foto: HP

Abb. 9
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 08.08.2013
Foto: HP

Abb. 10
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 11
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 12
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 13
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Foto: HP

Abb. 14
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (Typus!); 08.08.2014
Blattstellung
Foto: HP

Abb. 15
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 16
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 17
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 18
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 19
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 20
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG

Abb. 21
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG


Abb. 22
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
bemerkenswert kräftiges Exemplar

Foto: UG


Abb. 23
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG


Abb. 24
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Clorophyllfreies Exemplar
Foto: HP

Abb. 25
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Foto: HP

Abb. 26
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 27
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 02.06.2015
Austrieb
Foto: HP

Abb. 28
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio, 09.08.2015
Foto: HP

Abb. 29
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 30
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 31
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG

Abb. 32
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 33
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 34
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 35
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 36
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 37
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 38
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Foto: HP

Abb. 39
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 40
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 41
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG

Abb. 42
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 43
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH


Abb. 44
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Blüten ohne roten Farbstoff
Foto: HP


Abb. 45
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
nur leicht rötlich gefärbte Kalli
Foto: HP

Abb. 46
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
mit "Blutfleck"
Foto: UG

Abb. 47
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 48
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (Typus!); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 49
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 50
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2013
Foto: SH

Abb. 51
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 52
Italien, Kalabrien, Ferdinandea; 07.08.2013
Foto: UG

Abb. 53
Italien, Kalabrien, Serra San Bruno; 13.08.2013
Foto: UG

Abb. 54
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 55
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 07.08.2013
Foto: SH

Abb. 56
Italien, Kalabrien, Mte. Pecoraro; 11.08.2013
Foto: SH

Abb. 57
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP
Abb. 58
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 59
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 60
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 61
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 62
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 06.08.2014
Foto: HP

Abb. 63
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 64
Italien, Kalabrien, Ferdinandea (loc. typ.); 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 65
Italien, Basilikata, Bosco Rubbio; 03.08.2014
Foto: HP

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