Caramolo-Ständelwurz
Epipactis caramolica
PRESSER & S. HERTEL 2021


* Epipactis caramolica PRESSER & S. HERTEL
"Weitere Erkenntnisse zur Vielfalt der Epipactis-Arten im südlichen Italien", Stefan Hertel und Helmut Presser; Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen. 38 (1): 122-162 (2021).

Typus:
Italien, Kalabrien, Val di Garga NW Saracena, alt. s. m. 950 m, unterwuchsarmer, schottriger Bereich in einem Bachtal, Buchenwald, 04.08.2020

Synonyme: -


Etymologie:
benannt nach dem Monte Caramolo, dem nördlichsten der höheren Berge in den Monti di Orsomarso, im Süden der Apenninenhalbinsel


Abb. 1 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP


Abb. 2
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP





Abb. 3
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP


Größe und Wuchs :

mittelgroß, Wuchshöhe 20-30 (50) cm

Stängel:

meist einzeln, oft sehr kräftig, meist gerade oder nur leicht gebogen, rein grün bis leicht violett, oben kurz und spärlich behaart

Blätter:

0-1 schuppenförmiges Niederblatt
weitere Laubblätter 3–4, mittelgrün, oval bis lang oval, die größten 3,5-5,7 x 1,6-4,8 cm, waagrecht abstehend; flach ausgebreitet mit relativ geradem Rand; Blattansatz grün, die unteren teils leicht violett
Hochblätter (0–2), lanzettlich spitz, die größten 5 x 2,5 cm, teils in die Laubblätter übergehend

Blütenstand:

Ähre teils dichtblütig, nur (6) 10-38 Blüten, öfter m.o.w. einseitswendig; normal bis lang, ein Drittel bis die Hälfte des Stängels einnehmend
Spindel im Bereich des Blütenstandes kurz und spärlich behaart, durch obligate Autogamie nahezu 100% Fruchtansatz

Fruchtknoten und Stiel:

Stielchen grün und kurz, Fruchtknoten hellgrün mit kräftigen Rippen, zur Blütezeit etwa so lang wie die Blüte bis ein Drittel kürzer und fast unbehaart

Tragblätter: breit lanzettlich bis lanzettlich, die unteren manchmal auffallend groß, ca. 1,5–3,5 cm lang, ± waagerecht orientiert, meist nur so lang wie die Blüten, das unterste z.T. deutlich länger, die übrigen ebenfalls meist länger als der Fruchtknoten

Blüten:

mittelgroß, waagerecht orientiert bis hängend, manchmal teilweise nach oben stehend, insbesondere im Süden des Verbreitungsgebietes sehr wenig geöffnet, teils auch glockig; Knospen gelblich grün und kurz, fast kugelig, zugespitzt

Bestäubung: autogam

Sepalen:

hellgrün bis gelblich grün, innen gele­gentlich an der basalen Hälfte etwas vi­olett überlaufen, eiförmig, zugespitzt, ca. 7,5–12 mm lang und 4,5–6 mm breit

Petalen:

weißlich grün, v.a. in den Randbereichen schwach rosa, außen mit grüner Mittelrippe, eiförmig, ca. 7–11 mm lang, 4–6 mm breit

Hypochil:

mittelgroß, rund, 4–5 mm × 4–5 mm, eher tief, Ränder nach oben weisend, mit meist kurzem, breitem Kragen, der aber auch weiter nach hinten gehen kann, außen weißlich bis grünlich braun, innen rötlich braun bis dunkelbraun, kaum Nektar führend

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

V-förmig

Epichil/Kalli:

etwas breiter als das Hypochil, dreieckig, die Spitze gewöhnlich ausgestreckt, ca. 5–6 mm × 4,5–5 mm, grünlich weiß, mehr oder weniger rosa überlaufen; Kallus sehr schwach bis deutlich ausgeprägt, gegliedert, farblich teilweise deutlich abgesetzt, besonders der rippenförmige Mittelkallus zartrosa bis violett gefärbt

Gynostemium:

Klinandrium und Rostellum normal entwickelt, die Pollinien werden durch ein kurzes Stielchen der Anthere etwas über den Narbenrand nach vorne geschoben; Viscidium vorhanden aber schon beim Aufblühen funktionslos; Narbe oval bis rechteckig, Pollinien beim Aufblühen oft schon krümelig

Blütezeit:

kurz; (M) E 7 – A (M) 8


Variabilität:

Epipactis caramolica variiert in der Blüte, das Epichil ist teils vorgestreckt, teils herabgeschlagen, teils sind die Blüten leicht violett gefärbt. Der Öffnungsgrad scheint stark abhängig von der Luft- und Bodenfeuchtigkeit zu sein.

Verwechslungsmöglichkeit:
Die Sippe ähnelt etwas Epipactis savelliana, die aber oft höherwüchsig ist und meist offene Blüten mit einer wenig gegliederten Lippe aufweist. Der Durchgang ist U- statt V-förmig. Ihre Sepalen sind innen nicht zweifarbig. Die Internodien sind kürzer als die Blätter, bei E. caramolica ist es umgekehrt. Alle Blütenteile von Epipactis savelliana sind länglicher.

Verbreitung

Gebiet:

Die Sippe wurde bisher zunächst nur am Monte Caramolo in den Monti di Orsomarso gefunden. Weitere Vorkommen liegen bei Laceno in den Monti Picentini und am Monte Alto Rotondo. Die Gebiete sind aufgrund ihrer Steilheit teilweise sehr unzugänglich und dadurch schlecht untersucht. Mit weiteren Funden ist zu rechnen.

Höhe:

965 - 1210 m



Abb. 4 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP

Stand 2022
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info
Standort

Boden:

basisch, auf steinigen, humusreichen Böden

Exposition:

nord- und ostexponiert, sowie eben in Bachtälern

Biotoptyp:

Die Art besiedelt Buchenwälder mit ausreichendem Niederschlag. Sie bevorzugt krautarme Bereiche

Besonderheiten

Sterile Pflanzen sind nicht bekannt. Die Art ist sehr selten und wurde bisher nur in kleinen Populationen gefunden.
Problematik

-


Abb. 5
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga, L.c., 04.08.2020
Foto: HP

Abb. 6
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 7
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 8
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
L.c., 04.08.2020
Foto: HP

Abb. 9
Italien, Kampanien, Monti Picentini, 28.07.2021
Foto: SH

Abb. 10
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 22.07.2016,
kleistogam blühende Pflanze
Foto: SH

Abb. 11
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 12
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
L.c., 04.08.2020
Foto: HP

Abb. 13
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 22.07.2016
Foto: SH

Abb. 14
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021
Foto: SH

Abb. 15
Italien, Mti. Picentini, Laceno, 31.7.2019
Foto: HP

Abb. 16
Italien, Kampanien, Laceno, 28.07.2021
Foto: SH

Abb. 17
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 18
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 19
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 20
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021,
mit untypisch schmaler Lippe
Foto: SH

Abb. 21
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021,
mit untypisch schmaler Lippe
Foto: SH

Abb.22
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 23
Italien, Mti. Picentini, Laceno, 31.7.2020
Foto: HP

Abb. 24
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 25
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021
Foto: SH

Abb. 26
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 27
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 28
Italien, Kampanien, Laceno, 29.07.2020
Foto: SH

Abb. 29
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021
Foto: SH

Abb. 30
Italien, Kampanien, Monte Alto Rotondo, 26.07.2021
Foto: SH

Abb. 31
Italien, Kalabrien, Acquaformosa, 22.07.2016
Foto: SH

Abb. 32
Italien, Kampanien, Monti Picentini, 28.07.2021
Foto: SH

Abb. 33
Italien, Kalabrien, Saracena, locus typicus, 24.07.2018
Foto: SH

Abb. 34 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP

Abb. 35 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP

Abb. 36
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 37
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 38
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 39
Italien, Mti. Picentini, Laceno, 31.7.2019
Foto: HP

Abb. 40
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv,
Acquaformosa, 08.08.2014
Foto: HP

Abb. 41 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP

Abb. 42 Typus!
Italien, Kalabrien, Mt. Pollino-Massiv, Val di Garga,
04.08.2020
Foto: HP

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