Bugac-Ständelwurz
Epipactis bugacensis
K. ROBATSCH 1990


*Epipactis bugacensis *K. ROBATSCH, Ber. Heim. Orchid. 7 (1):13 (1990)
Typus: Ungarn, Bács-Kiskun, Bugac (Bugacpuszta)

Abb. 1
Ungarn, Fülöpháza, 08.06.2002
Foto: WW

Syn.: Epipactis rhodanensis A. GÉVAUDAN & K. ROBATSCH,
Jour. Eur. Orch. 26 (1):103-104 (1994)
Typus: Frankreich, Rhône, Lyon-Villeurbanne

Etymologie:
Benannt nach dem Ort Bugac in Mittel-Ungarn bzw. dem Fluss Rhône in Frankreich

Wuchs und Größe:

(12-)30-50(-77) cm, meist einzeln

Stängel:

ziemlich dünn, steif aufrecht

Blätter:

Laubblätter 3-4, spitz eiförmig, 4-7 cm lang (1,5 mal so lang wie die Internodien), dazu 1-2 Hochblätter. Bei hellem und trocknem Stand Blätter kürzer, schräg aufrecht, steif, deutlich rinnig; bei feucht-schattigem Stand Blätter länger, mehr abstehend, flach; gelbgrün bis gün

Blütenstand:

meist locker, einseitswendig, mit (5-)15-25(-50) Blüten, Achse (Spindel) dicht weiß behaart

Fruchtknoten und Stiel:

schlank; Stiel in Ungarn hellgrün, in D/A grün, oft leicht violett überlaufen (bronzefarben), in F fast immer deutlich violett


Tragblätter: lanzettlich, untere wenig länger als die Blüten, ± waagrecht

Blüten:

anfangs fast waagrecht, später hängend, glockig, ziemlich klein

Bestäubung obligat autogam

Sepalen:

blassgrün, (7,5-)8-9(-10) mm lang

Petalen:

grünlichweiß, mitunter etwas rötlich überlaufen

Hypochil:

innen dunkelbraun, selten hellbraun

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

im Mittel in Ungarn eng (0,1-0,2 mm), in D/A etwas breiter (0,3 mm), in F mittelbreit (0,5 mm), aber in allen Regionen individuell variabel

Epichil/Calli:

Epichil etwas breiter als lang, Spitze zurückgeschlagen; Seitenkalli groß, etwas gefurcht, Mittelkallus undeutlich; Epichil weiß, Kalli rosa bis hellrot

Gynostemium:

Anthere deutlich gestielt; Viscidium vorhanden, unwirksam; Pollinien locker, zerfallend

 

 

Blütezeit:

relativ früh: M6-A7, deutlich vor Ep. helleborine


Abb. 2
Ungarn, Fülöpháza, 08.06.2002
Foto: WW
Variabilität:
Die Form und Haltung der Blätter hängt stark vom Wuchsort ab (s.o.). Die Färbung des Blütenstiels und die Breite des Durchgangs zeigen eine klare geografische Abhängigkeit (klinale Variation). Die Rotfärbung („Kussmund“) in der Mitte des weißen Epichils ist dagegen sehr charakteristisch und in Ausdehnung und Intensität wenig variabel.
Verwechslungsmöglichkeit:

Epipactis helleborine hat längere Blätter, größere, offene Blüten mit (fast immer) funktionsfähiger Klebdrüse und anderer Farbverteilung zwischen Petalen und Lippe, deutlich spätere Blütezeit.

Epipactis campeadori (N-Spanien) ist meist robuster mit dickem Stängel und mehr Blättern, hat meist ein reinweißes Epichil und innen grünes Hypochil. Teilweise treten daneben Exemplare mit rosa Epichil und braunem Hypochil auf („Ep. hispanica var. hispanica“), die sich von Ep. bugacensis nur noch durch das von der Seite gesehen unsymmetrische Hypochil unterscheiden (siehe Ep. campeadori).

Epipactis fageticola (Spanien, Frankreich, W-Schweiz) ist zierlicher, Spindel weniger behaart, Blüten nur grün-weiß.
Epipactis tallosii (Mähren, Slowakei, Ungarn) hat größere Blüten mit weißem Epichil und blüht später (E7-E8).

Epipactis dunensis (Westküste Englands) hat auffallend gelbgrüne Blätter und Stängel, Petalen und Epichil sind meist stärker rosa getönt, das Viscidium verkümmert meist bereits vor Öffnung der Blüte.
Sie wächst in Dünentälern im Gestrüpp von Kriechweiden (Salix repens) und in angrenzenden Kiefernpflanzungen.

Verbreitung

Gebiet:

Von S- und SO-Frankreich über die Schweiz, Süd-Tirol, S-Bayern und Österreich bis nach Mittel-Ungarn, fast nur entlang der Flüsse

Höhe:

0-1600 m


Stand 2023
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info

Abb. 3
Ungarn, Bugac Puszta, 12.06.2004
feuchter Eichenwald loc. typ. von Epipactis bugacensis                           
Foto: WW
Standort

Boden:

Sand, oft kalkfrei

Exposition:

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Biotoptyp:

Meist ziemlich hell, teilweise sonnig. Die west- und mitteleuropäischen Populationen wachsen an Bächen und Flüssen (Rhône, Aare, Inn, Donau...) unter Weiden und Pappeln im Überschwemmungsbereich der Weichholzaue, auch direkt im Ufersand. Die ungarischen Populationen wachsen in grundwassernahen Eichenwäldern (die oberflächlich trocken wirken können) und sind durch Absenkung des Grundwasserspiegels stark gefährdet. Im ganzen Gebiet fast immer in künstlichen Anpflanzungen oder an gestörten Stellen.

Besonderheiten
Wie viele autogame Epipactis-Arten kann auch Ep. bugacensis bereits als sehr kleine Pflanze von kaum 10 cm Größe blühen, sie hat dann relativ lange Blätter und wenige Blüten.
Nicht selten (so z.B. in Lyon und Passau) wächst sie zusammen mit Ep. helleborine und bildet dann Hybriden mit dieser (Epipactis x gevaudanii Delforge), da sich die Blütezeiten etwas überlappen.
Problematik
Der Originalbeschreibung von Ep. bugacensis durch ROBATSCH aus Ungarn (Bugac Puszta) lagen untypisch kleine und wenigblütige Pflanzen zu Grunde, so dass die Art von ihm 4 Jahre später noch einmal aus Frankreich (Lyon) unter dem Namen Ep. rhodanensis beschrieben wurde. Der Fundort bei Bugac Puszta enthielt nur wenige Pflanzen und ist inzwischen am Erlöschen (2004 noch 1 Pflanze). Erst die Entdeckung weiterer reicher Fundorte durch ungarische Botaniker führte zu einem korrekten Bild von Ep. bugacensis und erlaubte den direkten Vergleich mit Ep. rhodanensis (WUCHERPFENNIG, Jour. Eur. Orch. 35(1): 37-55 [2003]).
Französische (rhodanensis) und ungarische Populationen (bugacensis) unterscheiden sich im Mittel (!) in der Färbung des Blütenstiels und der Breite des Durchgangs zwischen Hypo- und Epichil, möglicherweise (zu wenige Daten) gibt es kleine Unterschiede in der Größe der Blütenblätter. Die geografisch dazwischen liegenden Populationen Österreichs und Deutschlands sind auch morphologisch intermediär, so dass für die westliche Sippe nicht einmal mehr der Rang einer geografischen Subspecies angemessen erscheint und Ep. rhodanensis hier nur noch als Synonym zu Ep. bugacensis geführt wird.

Abb. 4
Ungarn, Fülöpháza, 08.06.2002
Foto: WW

Abb. 5
Frankreich, Vienne/Rhône, 19.06.2005
Uferdamm der Rhône
Foto: WW

Abb. 6
Frankreich, Seyssel/Rhône, 22.06.1997
Uferbefestigung der Rhône
Foto: WW

Abb. 7
Österreich, Innsbruck-Neurum, 30.06.2003
Inn-Ufer
Foto: WW

Abb. 8
Österreich, Innsbruck-Neurum, 30.06.2003
Inn-Ufer
Foto: WW

Abb. 9
Frankreich, Lyon-Villeurbanne/Rhône, 21.06.1997
Rand eines Tümpels im Auwaldbereich
loc. typ. von Epipactis rhodanensis
Foto: WW

Abb. 10
Deutschland, Rosenheim, 03.07.2005
Inn-Ufer
Foto: UG

Abb. 11
Deutschland, Bayern, Passau 06.07.2002
Gebüschstreifen in Ostlage
entlang des Inns mit sandigem Boden
Foto: HP

Abb. 12
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 13
Ungarn, Soltvadkert, 26.06.2004
Foto: WW

Abb. 14
Frankreich, Lyon-Villeurbanne/Rhône, 21.06.1997
loc. typ. von Epipactis rhodanensis
feucht-schattiger Wuchsort
Foto: WW

Abb. 15
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP


Abb. 16
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 17
Frankreich, Seyssel/Rhône, 22.06.1997
Foto: WW

Abb. 18
Deutschland, Oberaudorf/Inn, 04.07.2002
Foto: WW

Abb. 19
Deutschland, Passau/Inn, 27.06.2003
Foto: WW

Abb. 20
Frankreich, Miribel-Jonage/Rhône, 21.06.1997
sonniger Wuchsort
Foto: WW

Abb. 21
Deutschland, Bayern, Mühldorf 07.07.2002,
Jungpflanze
Foto: HP

Abb. 22
Deutschland, Bayern, Rosenheim 03.07.2005,
kleine Gruppe Jungpflanzen
Foto: UG

Abb. 23
Österreich, Innsbruck-Neurum, 30.06.2003
Foto: WW

Abb. 24
Deutschland, Bayern, Passau 06.07.2002
Auch autogame Sippen sind noch attraktiv f ür Bestäuber
Foto: HP

Abb. 25
Österreich, Innsbruck-Neurum 18.07.2004,
fruchtendes, schattig stehendes Exemplar
Foto: UG

Abb. 26
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 27
Österreich, Innsbruck-Neurum, 30.06.2003
Foto: WW

Abb. 28
Deutschland, Passau/Inn, 27.06.2003
Foto: WW

Abb. 29
Deutschland, Oberaudorf/Inn, 04.07.2002
Foto: WW

Abb. 30
Frankreich, Lyon-Villeurbanne/Rhône, 21.06.1997
loc. typ. von Epipactis rhodanensis
Foto: WW

Abb. 31
Deutschland, Bayern, Rosenheim 03.07.2005,
Foto: UG

Abb. 32
Ungarn, Dabas, 25.06.2004
Blütenstiel grün
Foto: WW

Abb. 33
Frankreich, Miribel-Jonage/Rhône, 21.06.1997
Foto: WW

Abb. 34
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 35
Ungarn, Fülöpháza, 08.06.2002
Foto: WW

Abb. 36
Frankreich, Lyon-Villeurbanne/Rhône, 21.06.1997
loc. typ. von Epipactis rhodanensis
Foto: WW

Abb. 37
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 38
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 39
Deutschland, Bayern, Passau 22.06.2014
Foto: HP

Abb. 40
Deutschland, Passau/Inn, 27.06.2003
Blütenstiel bronzefarben
Foto: WW

Abb. 41
Frankreich, Lyon/Rhône, 20.06.2005
Blütenstiel violett
Foto: WW

Abb. 42
Ungarn, Fülöpháza
aus der Knospe
Foto: WW

Abb. 43
Ungarn, Fülöpháza
Foto: WW

Abb. 44
Frankreich, Lyon-Villeurbanne
Foto: WW

Abb. 45
Ungarn, Fülöpháza
Foto: WW

Abb. 46
Frankreich, Lyon-Villeurbanne/Rhône
Foto: WW

Abb. 47
ungarn, Fülöpháza
Foto: WW

Abb. 48
Frankreich, Lyon-Villeurbanne,
Foto: WW

Abb. 49
Deutschland, Bayern, Passau 06.07.2002
Gebüschstreifen in Ostlage
entlang des Inns mit sandigem Boden
Foto: HP

Abb. 50
Ungarn, Soltvadkert
Blattrand
Foto: WW

Abb. 51
Deutschland, Neuhaus/Inn
Blattrand
Foto: WW

Abb. 52
Frankreich, Termignon/Rhône,
Blattrand
Foto: WW

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