Österreichisches Kohlröschen
Nigritella austriaca
TEPPNER & KLEIN (1990)


Unterfamilie: Orchidoideae
Tribus: Orchideae
Subtribus: Orchidinae
Blütezeit: M 6 – A 7
Feichtenalm – 27.06.2009
Habitus
Foto: H.C. Alt

Im bayerischen Alpenraum kommen zwei „schwarze“ Kohlröserl vor: Das Schwarze (N. rhellicani) und das Österreichische (N. austriaca). Die beiden sind sich im Erscheinungsbild sehr ähnlich, so dass man schon genauer hinschauen muss, um zu entscheiden, was man vor sich hat.

Beschreibung:

Die Wuchshöhe beider Arten liegt bei 15 (10-20 cm). Die Blüten des Österreichischen Kohlröschens sind jedoch heller und damit röter. Dieser Farbunterschied ist vor allem im direkten Vergleich vor Ort auffällig, während er auf Fotos je nach Belichtung/Blitzeinsatz kaum verwertbar ist. Der Blütenstand ist kürzer als beim Schwarzen Kohlröschen, im Aufblühen flach, aufgeblüht halbkugelig bis kugelig, eher breiter als hoch. Typisch ist der starke Duft nach Schokolade/Vanille.

Die Blüten sind etwas größer als bei N. rhellicani; durch die größeren Blüten im kürzeren Blütenstand bekommt der Blütenstand von N. austriaca einen deutlich anderen Aspekt als bei N. rhellicani (siehe Vergleichsfoto). Eine gute Lupe braucht man um die Unterschiede am Rand der unteren Tragblätter zu erkennen: Bei N. rhellicani trägt dieser häufig einen Saum aus 0.05-0.1 mm langen Papillen („Stiftchensaum“), bei N. austriaca ist der Rand glatt oder wellig, höchstens mit einigen sehr kurzen Papillen besetzt. Wie schon TEPPNER und KLEIN bemerken, gelten diese Merkmale leider nicht immer und können nur als zusätzliche Hilfe benutzt werden!

Der Stängel dieser eher gedrungenen Nigritella-Art ist kantig, die Laubblätter am Grund rosettig gehäuft, grasartig und nach oben hin stängelbegleitend und tragblattartig werdend. Je weiter sich die Blätter dem Blütenstand nähern, desto stärker ist der bräunlich rote Blattrand ausgeprägt. Im Vergleich zu N. rhellicani besteht eine Tendenz zu mehr stängelbegleitenden Blättern.

Das Österreichische Kohlröserl blüht am gleichen Standort ca. 8-10 Tage vor dem Schwarzen, etwa gleichzeitig mit N. rubra. Die Blütezeit ist mit nur etwa einer Woche deutlich kürzer als bei N. rhellicani. Man kann aber durchaus N. austriaca in Vollblüte neben aufblühenden N. rhellicani finden.

N. austriaca ist tetraploid (vierfacher Chromosomensatz: 2n = 80) und nicht zu „normaler“ geschlechtlicher Vermehrung fähig; Samen werden auf ungeschlechtlichem Weg (apomiktische Fortpflanzung) gebildet. Dadurch ist die neu entstehende Pflanze ein echter Klon der Mutterpflanze.

Eine detaillierte Beschreibung all dieser Merkmale und deren Bewertung findet sich in dem Artikel von Wolfgang Wucherpfennig.

Feichtenalm – 27.06.2009
Blütenstand
Foto: H.C. Alt

Vergleich von N. austriaca mit N. rhellicani, Aufnahme am gleichen Tag unter gleichen Lichtverhältnissen – Lerchkogel/Vorkarwendel  – 29.06.2009
Foto: H.C.Alt

Etymologie

N. austriaca wurde erstmals von Teppner und Klein (1990) als Unterart des Schwarzen Kohlröschens beschrieben und – entsprechend dem Verbreitungsschwerpunkt in den österreichischen Alpen -  als N. nigra ssp. austriaca benannt. Die Nominat-Art N. nigra kommt jedoch im Alpenraum nicht vor, so dass die Bezeichnung N. austriaca gebräuchlich wurde. Dies entspricht auch der Gepflogenheit im Standardwerk von Delforge.

Feichtenalm – 27.06.2009
Detailaufnahme der Blüten
Foto: H.C. Alt

Lebensraum
Die Pflanze kommt auf alpinen, oft steinigen besonnten Magerrasen vor, im Gegensatz zu N. rhellicani jedoch nur über Kalk. Bevorzugt werden kurzrasige Stellen; insoweit ist eine extensive Beweidung von Vorteil. Begleitende Orchideenarten können die anderen Kohlröschen sein, Hohlzunge, Alpen-Händelwurz, Fuchs‘ und Kugel-Knabenkraut.


Typisches Auftreten von N. austriaca in Gruppen – Feichtenalm – 27.06.2009
Foto: H.C. Alt

Verbreitung
Nach der aktuellen Verbreitungsübersicht der Orchideen in Bayern sind 14 Quadranten – von den Allgäuern bis zu den Berchtesgadener Alpen - mit Fundpunkten belegt. Da sicher noch nicht alle Standorte des „Schwarzen“ Kohlröschens systematisch auf Vorkommen des N. austriaca überprüft worden sind, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit mit der Entdeckung weiterer Vorkommen zu rechnen. Die Höhenverbreitung erstreckt sich von 1350 bis 2080 m.

Die Hauptverbreitung des Österreichischen Kohlröschens liegt – wie erwähnt – in den österreichischen Kalkalpen und hier in den obersteirischen Bergen, wo noch ausgedehnte Bestände zu finden sind. Auch in den Dolomiten kommt die Pflanze vor.
In den französischen Alpen wird die ähnliche N. austriaca var. gallica gefunden, deren Abgrenzung zu N. austriaca in Diskussion ist, weswegen auch die Vorkommen in der Schweiz hier noch nicht ganz sicher in der Zuordnung sind.

Gefährdung
Intensive Beweidung durch schweres Vieh, Trittschäden durch Bergwanderer, Almwegebau, Anlage von Skipisten.

© AHO-Bayern e.V.
Verbreitungskarte im PDF- Format
Datenbasis AHO-Bayern und LfU

Karte mit Nachweis-Schwerpunkt ab 2021
Datenbasis AHO-Bayern

- Biotop – Feichtenalm/Chiemgauer Alpen – 27.06.2009
Foto: H.C. Alt

- Biotop – Rauhkopf/ Spitzingsee-Gebiet – 11.07.2004
Foto: U. Grabner

- Habitus – Rauhkopf/ Spitzingsee-Gebiet – 11.07.2004
Foto: U. Grabner


- Blütenstand - Rauhkopf, 17.07.1997
Foto: W. Wucherpfennig


- Blütenstand - Rauhkopf, 17.07.1997
Foto: W. Wucherpfennig

- Blütenstand - Rauhkopf, 04.07.1997
Foto: W. Wucherpfennig

- Blütenstand - Rauhkopf, 17.07.1997
Foto: W. Wucherpfennig

'- Habitus - Rauhkopf, 17.07.1997
Foto: W. Wucherpfennig

- Blütenstand - Feichtenalm, 01.07.2006
Foto: U. Grabner

- Vergleich der Lippengrößen. Links: Nigritella austriaca, Lippen rechts: Nigritella rhellicani -
Foto: W. Wucherpfennig

- Vergleich der Tragblattränder: jeweils oben Nigritella rhellicani, unten Nigritella austriaca -
Aufnahmen: W. Wucherpfennig


Nigritella austriaca
-Sippen aus den Süd- bzw. West-Alpen

N. austriaca, Südtirol,
Sella Joch
17.07.2004
Foto: U. Grabner

N. austriaca, Südtirol,
Sella Joch
17.07.2004
Foto: U. Grabner

N. austriaca var. gallica , Frankreich,
Mt. Cenis
01.07.2007
Foto: U. Grabner

N. austriaca var. gallica , Frankreich,
Mt. Cenis
01.07.2007
Foto: U. Grabner

Biotop von N. austriaca, Südtirol, Sella Joch
17.07.2004
Foto: U. Grabner

Biotop von N. austriaca var. gallica , Frankreich, Mt. Cenis
01.07.2007
Foto: U. Grabner
Hans Christian Alt

Literatur
AHO Bayern e. V. (Hg.) (2006):
Verbreitungsübersicht der Orchideen in Bayern
Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid., Beih. 7

BRÜTSCH J. P. J. (2000):
Die Gattung Nigritella
Bauhinia 14, 21-32

GRIEBL N. (2009):
Die Gattung Nigritella in Österreich
Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid. 26 (1), 76-105

KRETZSCHMAR H. (2008):
Die Orchideen Deutschlands und angrenzender Länder
Quelle&Meyer, Wiebelsheim

PRESSER H. (2002):
Die Orchideen Mitteleuropas und der Alpen
ecomed, Landsberg

WUCHERPFENNIG W. (1999):
Die Gattung Nigritella
www.aho-bayern.de/pdf_docs/nigritella.pdf

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