Kleine Einknolle, Honigorchis, Elfenständel
Herminium monorchis
(L.) R: BROWN (1813)


Unterfamilie: Orchidoideae
Tribus: Orchideae
Subtribus: Orchidinae

Veröffentlicht in:
Hortus kew. ed. 2, 5: 191. 1813

Basionym:
Ophrys monorchis L., Sp. Pl. 2: 947 (1753)

Lectotypus:
LINN 1056. 22, pl. media. Herkunft: Schweden, Skane: zwischen Malmö und Trelleborg, 30.06.1749, leg. C. LINNAEUS (BAUMANN, KÜNKELE & LORENZ 1989: 489, 606-607)

Etymologie:
Herminium aus dem Griechischen " hermius" = Stütze, Bettpfosten (Bezug unklar)

monorchis aus dem Griechischen" mono"= einzig, "orchis"= Hoden und bezeichnet das Vorhandensein einer einzigen Mutterknolle (MARZELL 1972 (Bd. 2): 835)


Ettal, 18.6.2005
Foto: U. Grabner
Beschreibung

Es handelt sich hierbei um eine schlanke, unauffällige und zierliche Pflanze (10-25 cm), die zur Blütezeit nur eine kugelige Knolle besitzt.
Aus den Achseln der unteren Schuppenblätter entwickeln sich nach dem Absterben der Mutterpflanze ein oder zwei bis zu 20 cm lange Ausläufer, an deren Enden Tochterknollen gebildet werden, wodurch sie häufig in Gruppen, aus blühenden wie auch sterilen Exemplaren anzutreffen ist.
Der hellgrüne Stängel besitzt am Grund 2 gegenständige, rinnig gefaltete, schräg aufwärts gerichtete, ungefleckte Blätter, welche eiförmig-lanzettlich und ungleich groß sind. Weiterhin folgen nach oben 1-2 kurze Stängelblätter.
Der lang gestreckte, schmale Blütenstand (2-5 cm) ist allseitswendig und locker- bis dichtblütig.
Die Tragblätter sind lanzettlich, aufwärts gerichtet und etwa so lang wie der Fruchtknoten.
Etwas ungewöhnlich im Vergleich zu anderen Orchideenarten sind die 12-40 sehr kleinen (3 - 8 mm), nickenden, gelblichgrünen bis blassgelben Blüten.
Beim Betrachten des Blütenstandes fällt es unserem Auge schwer, die einzelne Blüte in ihre sechs Blütenblätter zu differenzieren. Zunächst erinnert sie an eine kleine Glocke mit 3 längeren, herausragenden Zipfeln.
Aber was ist was?
Verantwortlich für das glockige Grund-Erscheinungsbild der einzelnen Blüte sind die eiförmig-lanzettlichen Sepalen.
Für das "Durcheinander" im Blütenstand sorgen die beiden Petalen und die Lippe mit ihren mehr oder weniger lang ausgezogenen, stumpf endenden und meist etwas umgebogenen Zipfeln. Petalen und Lippe sind in Form und Größe sehr ähnlich, wobei die Lippe deutlicher dreilappig ist und einen längeren Mittellappen besitzt, während die Petalen seitlich nur zwei kleine Ausbuchtungen, aber keine Seitenlappen aufweisen.
Die Pollinarien sind kurz gestielt und haben voneinander getrennte, nackte Klebscheiben.

Blütezeit: M6 - E7


Staffelsee bei Murnau , Datum unbek.
Foto: H. Eisenbeiss

Ettal, 10.06.2007
Lippe von unten
Foto: U. Grabner

Verwechslung und Variabilität
Herminium monorchis neigt kaum zur Variabilität und ist durch die zipfelig ausgebildeten Blüten fast unverwechselbar. Lediglich Pseudorchis albida ist auf den esten Blick ähnlich, besitzt aber kugeligere, weißlichere Blüten mit kürzeren Lippen-Zipfeln und einen kurzen Sporn. Die Petalen sind kleiner als die Sepalen.


Ettal, 10.6.2007
Herminium monorchis in einem großen Bestand des Fieberklees (Menyanthes trifoliata), begleitet vom Sumpf-Läusekraut (Pedicularis palutris)
Foto: U. Grabner

Lebensraum
Die Honigorchis wächst in Kalkflachmooren, Feuchtwiesen und kurzrasigen Halbtrockenrasen. Außerdem in Moorwiesen und nährstoffarmen Mooren- u. Moorwäldern. Sie bevorzugt wechselfeuchten, basischen bis kalkreichen, humosen Boden und steigt in den Alpen bis zu 1385 m üNN auf.
In den feuchten bis nassen Streuwiesen steht sie meist vollsonnig in den tendentiell etwas weniger nassen Arealen, während sie in den Trockenbiotopen lieber den Halbschatten von kleineren Gebüschen und des Waldrandes sucht. Wechselfeuchte Bereiche wie z.B. kleine Senken, wo sich schnell Pfützen bilden, werden hier bevorzugt.
In der Regel wird sie von einigen weiteren kalkliebenden Orchideenarten begleitet.


Ettal, 10.06.2007
Foto: U. Grabner

Ettal, 27.06.2005
Foto: K. Grabner
Verbreitung:
Das Gesamtverbreitungsareal dieser Art erstreckt sich über die temperat-boreale Zone ostwärts über Kaukasien, Japan und China bis zum Himalaya.
In Deutschland kommt Herminium monorchis vor allem in den Alpen, im Alpenvorland und der Schwäbischen Alb vor. Sehr selten geworden und hochgradig gefährdet ist sie in Hessen, Thüringen, Südniedersachsen, der Eifel und der Rhön.


Ettal, 10.06.2007
links Herminium monorchis, rechts Gymnadenia conopsea

Foto: U. Grabner

Verbreitung in Bayern/ Gefährdung:
Die Herminium monorchis hat ihre Hauptverbreitung in den Alpen und im Alpenvorland.
Trotz der scheinbaren Anspruchslosigkeit an ihre Lebensräume sind sehr starke Rückgänge in den letzten 100 Jahren zu verzeichnen.
Sie ist aufgrund ihrer Seltenheit und Empfindlichkeit auf Eutrophierung durch zuviel oder zu wenig Beweidung, Torfabbau, Entwässerung, Düngung, Verbuschung und Aufforstung von Magerrasen im gesamten Verbreitungs-gebiet stark gefährdet und weiterhin im Rückgang begriffen.
Vor allem die Vorkommen in den Feuchtgebieten der Mittelgebirge sind aufgrund der Biotopvernichtung vielerorts erloschen.
In Bayern wird sie als stark gefährdet (RL 2) eingestuft. Während die Bestände im Alpenvorland stabil sind, ist sie außerhalb der Alpenregion extrem selten und meist akut gefährdet.


Verbreitungskarte im PDF-Format
Datenbasis AHO-Bayern und LfU

Karte mit Nachweis-Schwerpunkt ab 2021
Datenbasis AHO-Bayern

Schutz
Vorrangig steht der Erhalt bestehender Biotope im Vordergrund.
Im Falle der Standorte in den Halbtrocken- und Trockenrasenbiotopen sind eine regelmäßige Herbst-Mahd oder extensive Schafbebeweidung erforderliche Mittel, um die konkurrenzschwache Orchidee in ihrem Bestand zu sichern.
Offenbar scheint Herminium monorchis aber auch auf gewisse "Ausweich-flächen" mit zum Teil offener Pflanzendecke in der näheren Umgebung angewiesen zu sein, um sich auch über den produzierten Samen vermehren zu können und einer "Bodenermüdung" zu entgehen (HELMECKE 2009).

Im Alpenvorland liegt der Schwerpunkt ebenfalls im Erhalt der Kalkflachmoore und ihrer extensiven Nutzung als Streuwiesen sowie der Renaturierung gestörter Moorflächen, in der Hoffnung auf eine potentielle Neubesiedlung.
Funde der Einknolle sollten den Kartierungsstellen bitte unbedingt mitgeteilt werden!


Ettal, 27.06.2004
Foto: U. Grabner

Ettal, 27.06.2006
Foto: U. Grabner

Ettal, 18.06.2005
Foto: U. Grabner

Ettal, 27.06.2004
Foto: U. Grabner

Ettal, 10.06.2007
Foto: U. Grabner

Ettal, 27.06.2005
Blick auf Pollinien und darunter platzierten getrennten Klebscheiben
Foto: U. Grabner


Grasleiten, 15.08.2006
Fruchtstand
Foto: I. Hoffmann


Murnauer Moos , 28.06.2005
Foto: I. Hoffmann

Katja & Uwe Grabner


Literatur:

  • AHO-Bayern e.V. (2005) Orchideen in Bayern

  • ARBEITSKREISE HEIMISCHE ORCHIDEEN (2005) Die Orchideen Deutschlands: 348-353

  • HELMECKE K. (2009): Zur Pflegeproblematik bei der Einknolle (Herminium monorchis(L.)R.Brown); Ber. Arbeitskr. Heim. Orchid. 26 (1): 71-75; 2009

  • KLÜBER, M. (2009) Orchideen in der Rhön

  • KRETZSCHMAR H. (2008): Die Orchideen Deutschlands und angrenzender Länder finden und Bestimmen; S. 156-157

  • KÜMPEL, H. (1996) Die wildwachsenden Orchideen der Rhön

  • PRESSER, H. (2000) Die Orchideen Mitteleuropas und der Alpen, Landsberg/Lech S.100-107

  • SCHUHMACHER, W. , J. WEIS & F. OPITZ (1998): Zur Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Orchideen in Offenlandbiotopen der Eifel während der letzten Jahrzehnte; Jahresber. naturwiss. Ver. Wuppertal 51: 230-255, 1998
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