Spätblühende Breitblättrige Ständelwurz
Epipactis helleborine
(L.) CRANTZ ssp. moratoria
A. RIECHELMANN & A. ZIRNSACK (2008)


Unterfamilie: Epidendrioideae
Tribus: Neottieae
Subtribus: -

Veröffentlicht in:
Ber. Arbeitskr. Heim. Orchid. 25 (1): 57-84; 2008

Holotypus:

Deutschland (Bayern, Oberfranken) Rettern, Schützenberg, leg. A. RIECHELMANN & A. ZIRNSACK, 11.09.2007, Herbar der Universität Erlangen-Nürnberg (Herbarium Erlangense [ER])

Etymologie:
moratoria abgeleitet vom lateinischen "morator", was soviel bedeutet wie "Bummler" oder "Nachzügler", bezugnehmend auf die spätere Blühzeit im Vergleich zur Nominatform E. helleborine ssp. helleborine.


Habitus - Pinzberg, 09.08.2008
Foto: A. Riechelmann
Beschreibung

Schlanke, zierliche, mittelgroße Pflanze, 38 cm bis 65 cm hoch, häufig einzeln oder in kleinen Gruppen wachsend, selten mehr als 10 Exemplare pro Fundort, Stängel sehr dünn, gelbgrün, jedoch im basalen Teil in der Regel rosa-violett überlaufen, kurze, gegeneinander gewinkelten Internodien-Abschnitte („Zick-Zack-Helleborine“), im Infloreszenz-Bereich mit feiner, kurzer, weißlicher Behaarung. Dunkel- bis blaugrüne Laubblätter, länglich-lanzettlich, waagrecht abstehend bis leicht hängend, am Rande schwach onduliert, mehr oder weniger zweizeilig angeordnet. Unterstes Blatt meist als Schuppenblatt ausgebildet. Blütenstand lockerblütig, wenig mehr als ein Viertel der Pflanze einnehmend. Blüten relativ klein, Sepalen stets grün, länglich-oval, die beiden seitlichen schräg nach unten gebogen, Petalen hellgrün (selten), weißlich über zartrosa bis purpurfarben (selten), eiförmig-lanzettlich. Lippe zweigliedrig, Hypochil napfförmig, innen hell- bis dunkelbraun mit viel Nektar. Epichil mehr oder weniger herzförmig, breiter als lang, meist ohne Kallus, weißlich bis zartrosa, Spitze vorgestreckt, sehr selten leicht abwärts gerichtet. Durchgang zwischen Hypochil und Epichil relativ breit, v-förmig. Rostelldrüse ist stets vorhanden, auch bei älteren Blüten noch funktionstüchtig. Dunkel- bis blaugrüne, ellipsoide Fruchtkapseln, waagrecht vom Stängel abstehend, Stiel mehr oder weniger gestreckt.


Blütenstandsausschnitt - Reuth, 29.07.2009
Foto: A. Riechelmann

Hauptblütezeit:

Dritte Julidekade bis Mitte August

Verwechslung:
Kann mit Epipactis helleborine verwechselt werden, da die beiden Subspezies häufig zusammen vorkommen (Nördliche Frankenalb).


Merkmalsunterschiede zwischen:

Merkmal

Epipactis helleborine

Epipactis helleborine

Epipactis helleborine

 

subsp. moratoria

subsp. helleborine

subsp. minor (Vogesen)

 

 

 

Wuchshöhe
35cm-70cm
30-80 (115)
20cm-50cm,
auch sehr kleine Pflanzen,
5cm hoch, 2 Blüten
       

Habitus

schlank, zierlich

kräftig, robust

schlank, zierlich

 

 

 

Stängel

dünn, gelbgrün,

kräftig, relativ dick,

dünn, gelbgrün

 

im basalen Teil rosaviolett

meist einheitlich grün

im basalen Teil manchmal rosaviolett
sonst grün

 

gewinkelte Internodien-

+/- gerade Internodien-

+/- gerade Internodien-

 

abschnitte

abschnitte

abschnitte

 

 

 

Blattform

länglich-lanzettlich,

eiförmig, eiförmig-

länglich-lanzettlich,

 

Rand meist onduliert

lanzettlich

Rand schwach onduliert

 

 

 

Blattanordnung

 zweizeilig

spiralig

zweizeilig bis spiralig

 

 

 

Blattfarbe

dunkel- , blaugrün

hellgrün

hellgrün

 

 

 

Blütenstand

lockerblütig
mit bis zu 40 Blüten

dichtblütig

locker- und wenigblütig

 

 

 

Behaarung Blütenstand

locker, kurz

dicht, lang

mäßig, kurz

 

 

 

Blütenumriss

 +/- quadratisch
vollständig geöffnet

 +/- rechteckig
vollständig geöffnet

 +/- quadratisch, oftmals
nicht vollständig geöffnet

 

 

 

Blüten
7-10% kleiner als helleborine
-
14-20% kleiner als helleborine
       
Sepalen
stets grün
grün bis rot, vor allem innseitig
hellgrün, innseitig manchmal leicht rosa
       
Epichil
weiß, nach vorne gestreckt
weiß, nach vorne gestreckt
oder umgebogen
weiß, umgebogen
       

Kallus

häufig kein Kallus

Kallus meist vorhanden und
sehr variabel in der Gliederung;
grünlich bis rot gefärbt

Kallus vorhanden, meist
schwach rosa bis rot gefärbt

 

 

 

Fruchtkapseln

waagrecht abstehend

hängend

waagrecht, teilweise nach oben abstehend
(ähnlich Cephalanthera)

 

 

 

Farbe Fruchtkapseln

dunkelgrün

hellgrün

auffallend hellgrün

 

 

 

Form Fruchtkapseln

ellipsoid

verkehrt eiförmig

??

 

 

 

Fruchtkapselstiel

+/- gestreckt

halbbogenförmig

+/- gestreckt bis aufwärts gerichtet

 

 

 

Farbe Fruchtkapselstiel


dunkelgrün

hellgrün, Ansatz rötlich überlaufen,

hellgrün, Ansatz schwach
rötlich überlaufen

 

 

 

Blühbeginn

Ende Juli

Mitte Juli

Anfang August (in den Vogesen)

Habitus - Reuth, 22.07.2009
Foto: A. Riechelmann

Rettern, 11.08.2006
Foto: A. Riechelmann

Rettern, 31.07.2006
Foto: A. Riechelmann

Lebensraum

Unterwuchsarme, nicht zu dunkle Buchen-Niederwälder, lichte Buchen-Mischwälder, Eichen-Mischwälder, Eichen-Hainbuchenwälder, Waldlichtungen, im Bereich von Waldsäumen und Waldwegen; auf frischen, basischen bis leicht sauren Böden.


Biotop Ep. helleborine subsp. moratoria, Pinzberg, 19.08.2009
Foto: A. Riechelmann

Biotop Ep. helleborine subsp. moratoria, Pinzberg, 19.08.2009
Foto: A. Riechelmann

Pinzberg, 22.07.2009
Foto: A. Riechelmann

Reuth, 22.07.2009
Foto: A. Riechelmann
Verbreitung
Da die Subspezies erst vor zwei Jahren beschrieben wurde, erweitert sich das Areal ständig. Fundmeldungen liegen bis jetzt aus Deutschland (Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg), Österreich (Burgenland), Slowenien und Italien (Trentino) vor.

Reuth, 26.07.2009
Foto: A. Riechelmann

Verbreitung in Bayern
Bis jetzt liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Art in der Nördlichen Frankenalb, ferner liegen Fundmeldungen aus der Oberpfalz, dem Fichtelgebirge und dem Bayerischen Voralpenland vor. Des Weiteren bleibt zu überprüfen, ob es sich bei den unter Epipactis helleborine var. minor gemeldeten Pflanzen aus Südbayern ebenfalls um die subsp. moratoria handelt.


Verbreitungskarte im PDF- Format

Datenbasis AHO-Bayern und LfU

Karte mit Nachweis-Schwerpunkt ab 2021
Datenbasis AHO-Bayern

Gefährdung:

relativ gering, solange der Wuchsort genügend Licht erhält, bei Lichtmangel nur sterile Exemplare. Die Subspezies zeigt eine gute Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Wuchsbedingungen.

Ep. hell. subsp. moratoria, Pinzberg, 27.07.2010
Foto: A. Riechelmann

Reuth, 07.09.2009
Foto: A. Riechelmann

Rettern, 31.07.2006
Foto: A. Riechelmann

Knospende Ep. helleborine und Ep. helleb. subsp. moratoria, Reuth, 24.06.2009
Foto: A. Riechelmann

Ep. helleborine subsp. moratoria, Stängel, Pinzberg, 20.07.2007
Foto: A. Riechelmann

Fruchtstand im Winter - Pinzberg, 10.02.2008
Foto: A. Riechelmann

Adolf Riechelmann

Zurück
© 2018 AHO Bayern e. V.