Elbe-Ständelwurz
Epipactis albensis
H. NOVÁKOVÁ & J. RYDLO 1978


Blütezeit: (M) E7 - A9 (10/11)
Unterfamilie: Epidendrioideae
Tribus: Neottieae
Subtribus: -

Veröffentlicht in: Preslia, Praha 50: 161-171

Typus: Tschechien, Böhmen, Střední Polabí, Kreis Nymburk: Auwald "Libický luh", ca. 1,75 km NNO der Bahnstation von Libice nad Cidlinou, Höhe: 190 m

Syn.: Epipactis latifolia f. gracilis DAGEFÖRDE ex HEGI, Illustr. Fl. Mitt.-Eur.ed. 1/2 (20): 367 (1909)
Typus: Deutschland, Brandenburg, Umgebung von Eberswalde

Etymologie: albensis: bezieht sich auf das Vorkommen der Typuspopulation in den Auwäldern der Elbe
Blütezeit: relativ spät, die gesamte Population lang und ungleichmäßig, Juli– September (einzelne Pflanzen auch im Oktober oder November)


Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Beschreibung:

Die Pflanzen sind relativ zierlich, im Gebiet (8) 15-20 (25) cm hoch, die Laubblätter sind kurz und etwas gewellt. Häufig (in Bayern jedoch kaum) ist das unterste Tragblatt auffallend groß, ähnlich einem Laubblatt. Der Blütenstand ist locker und eher armblütig (meist 3-12 Blüten), oft fast einseitswendig. Der Stängel ist auch im Bereich des Blütenstands nur sehr kurz behaart. Die Blüten sind meist nur glockenförmig geöffnet; eine Klebdrüse fehlt gewöhnlich, die Art ist obligat autogam. Die Hinterlippe ist innen hellbraun, die spitze, weiße Vorderlippe (oft so breit wie lang) weist einen m.o.w. grünen Rand auf, der häufig nach oben gebogen ist.


Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Verwechslungsmöglichkeiten:

In Bayern aufgrund des zierlichen Wuchses mit der eigenen Blütenausprägung keine. Die Spitzlippige Ständelwurz ist in allen Teilen deutlich größer.


Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Biotop - Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Lebensraum

Normalerweise findet man die Art in warmen Auwäldern, die neben hoher Luftfeuchtigkeit auch eine leichte Bodenfeuchtigkeit aufweisen. Hier steht sie manchmal in der Krautflora, oft jedoch relativ dunkel mit wenig Begleitvegetation, wo sie wegen ihrer hellgrünen Farbe trotz geringer Größe auffällt. Häufiger findet man die Art in der Nähe von Weiden (Salix spp.) unweit von Gewässern auf m.o.w. neutralem bis leicht saurem Boden. Es sind auch Standorte in Buchen- und Eichen-Hainbuchenwäldern und grasige Bereiche am Waldrand bekannt, ausnahmsweise sogar feuchte Straßengräben. Die 2020 erstmals in Bayern gefundene Population (mindestens 150 Exemplare) wächst in der Nähe eines Sees und eines Flüsschens in einem als „relativ dichter Buschwald“ zu bezeichnenden Bereich mit einzelnen höheren Bäumen.


Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Verbreitung:

Die eher seltene Sippe ist v.a. osteuropäisch verbreitet (wenn man die äußerst ähnliche Epipactis fibri in Frankreich an der Rhône als eigene Art ansieht). Sie hat ihre Hauptvorkommen in Ostdeutschland, W-Polen, Tschechien, Slowakei und N-Ungarn (vgl. die Verbreitungskarten unter dem Reiter „Epipactis“!). In Bayern wurde bisher nur eine Population in Oberfranken im oberen Maintal nahe Unterfranken auf etwa 240 m ü.d.M. gefunden. Die unattraktiven Biotope (Brennnesseln, Stechmücken) werden allerdings von Orchideenkennern im Hochsommer kaum besucht. Sehr wahrscheinlich gibt es also noch weitere Stellen in milden Gegenden mit wenig kalkhaltigem Untergrund und passender Vegetation.


Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP

Gefährdung

Gefährdung: Die Art ist in Bayern offenbar sehr selten, vermutlich jedoch hier und da übersehen. Sie reagiert sehr empfindlich auf Trockenheit, kam bei der 2020 gefundenen, reichen Population (2020 nur wenige Pflanzen) beispielsweise 2021 und 2022 überhaupt nicht zur Blüte. Dementsprechend reagiert sie mit Sicherheit extrem auf Abholzung oder Zerschneidung ihres Lebensraums (z.B. Wegebau). Auch der Klimawandel mit seinen Trockenperioden und Sturmschäden dürften die Elbe-Ständelwurz bedrohen. Wildverbiss wurde in Bayern kaum festgestellt, vermutlich sind die häufig zu sehenden Roten Knotenameisen als Blütenbesucher ein gewisser Schutz.

Helmut Presser

Breitengüßbach, Bayern, 30.07.2023
Foto: HP
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