Tallos' Ständelwurz
Epipactis tallosii
A. MOLNÁR & K. ROBATSCH 1996


*Epipactis tallosii * A. MOLNÁR & K. ROBATSCH Jour. Eur. Orch. 28(4): 789 (1997)

Typus: Ungarn, Nyirád

Etymologie: zu Ehren des ungarischen Botanikers Pál Tallós


Abb. 1
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004
Foto: WW




Abb. 2
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004
Foto: WW





Abb. 3
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004
Foto: WW





Abb. 4
Tschechien, Mähren, Kunovice, 06.08.2005
Foto: WW

Größe und Wuchs :

nach Beschreibung (14 -) 18 – 35 (- 38,5) cm, doch auch größer werdend

Stängel:

für die Pflanzengröße ziemlich dünn, öfter leicht zickzackförmig

Blätter:

(2 -) 3 – 5 (- 7) spitz eiförmige bis eilanzettliche Laubblätter, abstehend, bei hellem Wuchsort schräg aufwärts gerichtet und rinnig, 1,5 - 2 mal so lang wie die Internodien; 0 – 1 (2) schmal lanzettliche Hochblätter

Blütenstand:

meist reichblütig mit (6 -) 12 – 25 (- 36) Blüten, nicht oder kaum einseitswendig, Spindel nur dünn und kurz behaart

Fruchtknoten und Stiel:

Blütenstiel ziemlich lang, blassgrün; Fruchtknoten schwach behaart

Tragblätter: schmal lanzettlich, unterstes (oft viel) länger als die Blüte, ± waagrecht

Blüten:

groß, meist weit geöffnet und nur leicht nickend

Bestäubung: autogam (ob immer?)

Sepalen:

hellgrün, außen gelegentlich leicht bräunlich überlaufen

Petalen:

eilanzettlich bis spitz eiförmig, grünlichweiß, gelegentlich randlich oder flächig rosa überlaufen

Hypochil:

innen hellgrün, olivgrün oder braun

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

eng U-förmig, „Kragen“ schmal bis mäßig breit

Epichil/Kalli:

dreieckig-eiförmig, so lang bis deutlich länger als breit, manchmal deutlich breiter als das Hypochil, zurückgeschlagen, weiß, selten ganz leicht rosa überhaucht;
Kalli groß, etwas gefurcht, weiß, Mittelkallus grün

Gynostemium:

Viscidium gut entwickelt, aber (immer?) funktionslos; Anthere fast sitzend

Blütezeit:

(E6) A7 - M8



Variabilität:

Epipactis tallosii ist eine variable Art. Wie bei den meisten autogamen Arten kann die Größe blühender Pflanzen sehr unterschiedlich sein, auch Textur, Haltung und Faltung der Blätter variieren je nach Licht- und Feuchtigkeitsangebot am Wuchsort. Die Proportionen (Länge/Breite) des Hypochils sind ebenso variabel wie seine Innenfarbe, die Breite der Petalen, das Breitenverhältnis Epichil/Hypochil und die Form des „Kragens“.

Verwechslungsmöglichkeit:

Epipactis albensis besitzt fast immer ein breites (laubblattartiges) unterstes Tragblatt, das Epichil ist lang zugespitzt und gerade vorgestreckt mit aufgebogenem Rand, das Viscidium fehlt fast immer.

Epipactis moravica ist in Mähren auch bei gemeinsamem Vorkommen einigermaßen gut abgrenzbar durch das breite (laubblattartige) unterste Tragblatt, nur halbgeöffnete Blüten, einen breiten „Kragen“ am Durchgang zwischen Hypo- und Epichil (Abb. 78), ein vorgestrecktes Epichil mit nur leicht zurückgebogener Spitze und eine andere Form der Säule (Abb. 79) mit deutlich gestielter Anthere. In Ungarn können sich die Unterschiede soweit verwischen (siehe „Problematik“), dass als einziges trennendes Merkmal die Größe des untersten Tragblatts übrig bleibt.

Die ebenfalls sehr ähnliche Epipactis zaupolensis unterscheidet sich von Ep. tallosii durch meist deutlich violette Stängelbasis, dichter behaarte Spindel, bronzefarbene bis leicht violette Blütenstiele, oft etwas stärker rosa getönte Sepalen und einen mehr bräunlichrosa-farbenen Kallus. Im Gesamtbild überwiegt bei Ep. zaupolensis der Blütenstand gegenüber dem Blattwerk, sie wirkt ähnlich „kopflastig“ wie Ep. purpurata.

Verbreitung

Gebiet:

Bisher aus Tschechien (S-Mähren), W- und S-Slowakei und Ungarn bekannt

Höhe:

130 - 430 m


Stand 2011
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info
Standort

Boden:

schwach sauer

Exposition:

- - - -

Biotoptyp:

feuchte Laubwälder (auch Aufforstungen), an Waldbächen (gern im Überschwemmungsbereich), auch an recht dunklen Wuchsorten


Abb. 5
Ungarn, Nyiràd, (loc. typ.) 01.08.2004
Foto: HZ
Besonderheiten

Am Typusfundort bei Nyirád sind Hybriden mit Ep. nordeniorum gefunden worden.

Problematik

Bereits in der Beschreibung von Ep. moravica weist P. BATOUŠEK (Jour. Eur. Orch. 36: 673-689 [2004]) darauf hin, dass sich ungarische Populationen von Ep. tallosii in einigen Merkmalen der Lippe Ep. moravica nähern. So findet man in Ungarn Ep. tallosii auch mit moravica-typischem breitem „Kragen“ (Abb. 50-52,sowie 67 ), die angeblichen Unterschiede in der Kontur des Klinandriumrandes auf der Säulenrückseite (Abb. 77) verwischen sich völlig (Abb. 78).

In einer Population des südungarischen Mecsek-Gebirges zeigen die Pflanzen ein Mosaik aus tallosii- und moravica-Merkmalen: Habitus und unterstes Tragblatt sind tallosii-typisch (Abb. 79 - 81 ), die Blüten (Abb. 81 und 83) zeigen in Blütenöffnung und Epichilkrümmung teils tallosii-, teils moravica- Merkmale, der schmale „Kragen“ des Epichils deutet auf tallosii, die Form der Säule auf moravica (Abb. 82 ).

An einem reichen Ep. tallosii-Fundort in Ost-Ungarn treten ebenfalls Pflanzen mit einzelnen moravica-Merkmalen auf (Abb. 84 - 87).


Abb. 6
Ungarn, Nyiràd, (loc. typ.) 01.08.2004
Foto: HZ

Abb. 7
Süd Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 02.08.2004
Biotop
Foto: HZ

Abb. 8
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 27.06.2004   
Biotop: künstliche Pappelpflanzung
Foto: WW

Abb. 9
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 07.08.2002   
Biotop: künstliche Pappelpflanzung
Foto: WW

Abb. 10
Slowakei, Kaskady 02.08.1996;
donaubegleitender Auwald-Bereich, keine anderen
Orchideenarten
Foto: HP

Abb. 11
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003;
tiefes Bachtal im Wald mit auwaldartiger Vegetation
Foto: HP

Abb. 12
Süd Ungarn, Óbanya, 29.7.2003;
Überschwemmungsbereich in feuchtem Bachtal
Foto: HP

Abb. 13
Tschechien, Mähren, Kunovice, 05.08.2008    
Auwaldreste entlang der Olšava, einem Nebenfluss der March
Foto: UG

Abb. 14
Tschechien, Mähren, Kunovice, 05.08.2008    
Hartholzauwald mit relativ dichtem Krautbewuchs
Foto: UG

Abb. 15
Rumänien, Arad, 08.08.2017
Foto: HP

Abb. 16
Rumänien, Arad, 08.08.2017
Foto: HP

Abb. 17
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003
Foto: WW

Abb. 18
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004
Foto: WW

Abb. 19
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004  
Exemplar mit panaschierten Blättern
Foto: WW

Abb. 20
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003
Foto: WW

Abb. 21
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003
Foto: WW

Abb. 22
Tschechien, Mähren, Kunovice, 05.08.2008
aufgrund längerer Trockenheit nur wenige Exemplare in diesem Jahr, die zudem fast kleistogam waren.   
Foto: UG

Abb. 23
Slowakei, Kaskady 02.08.1996;
zierliche Pflanze mit halb ge öffneten Blüten
Foto: HP

Abb. 24
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003
Foto: HP

Abb. 25
Slowakei, Kaskady 02.08.1996;
kr äftige aber kurzblättrige Pflanze mit weit geöffneten Blüten
Foto: HP

Abb. 26
Tschechien, Mähren, Lipov, 31.07.2004
Foto: WW

Abb. 27
Tschechien, Mähren, Mikulčice, 15.08.1993
Foto: WW

Abb. 28
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004  
Foto: HZ

Abb. 29
Ost-Ungarn, Tiszaderzs 09.07.2003
kurze, waagrecht abstehende Blätter mit kurzen Internodien; ziemlich geschlossene Blüten
Foto: EG

Abb. 30
Ost-Ungarn, Tiszaderzs 09.07.2003
kleine wenigblütige Pflanzen
Foto: EG

Abb. 31
Ost-Ungarn, Tiszaderzs 09.07.2003
kleine Pflanze mit einer Blüte und steilen relativ langen Blättern
Foto: EG

Abb. 32
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003
Foto: EG

Abb. 33
Ost-Ungarn, Tiszaderzs 09.07.2003
sehr kurze, breite Blätter

Foto: EG

Abb. 34
Süd-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003          
sehr lange, relativ schmale, sichelförmig gebogene Blätter
Foto: EG

Abb. 35
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003
Foto: WW


Abb. 36
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003

Foto: WW


Abb. 37
O-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004
Foto: WW

Abb. 38
Ost-Ungarn, Tiszaderzs 09.07.2003
grünes Hypochil
Foto: EG

Abb. 39
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 30.07.2003 
Foto: HP

Abb. 40
Süd-Ungarn, Obanya, Döngölt-Tal 29.07.2003
Stielchen leicht bronzefarben, Kragen schmal
Foto: EG

Abb. 41
West-Ungarn, Nyirád 01.08.2003
Stielchen leicht bronzefarben, stark entwickelte Kalli, lange schmale Petalen
Foto: EG

Abb. 42
West-Ungarn, Nyirád 01.08.2003
braunes Hypochil
Foto: EG

Abb. 43
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003; wenig geöffnete Blüten
Foto: HP

Abb. 44
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004  
Foto: HZ

Abb. 45
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004  
breite Petalen
Foto: HZ

Abb. 46
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 27.06.2004   
Foto: HZ

Abb. 47
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004   
Foto: HZ

Abb. 48
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 27.06.2004
Foto: HZ

Abb. 49
Tschechien, Mähren, Lipov, 31.07.2004
Foto: WW

Abb. 50
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003   
schmale Petalen, hellgrünes Hypochil
Foto: WW

Abb. 51
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004   
breite Petalen, langes Epichil
Foto: WW

Abb. 52
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004   
breite, leicht rosa Petalen
Foto: WW


Abb. 53
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 29.07.2003           
breite, leicht rosa Petalen, hellbraunes Hypochil
Foto: WW

Abb. 54
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003   
schmale Petalen, braunes Hypochil
Foto: WW

Abb. 55
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003  
rötlich überlaufene Blüte
Foto: WW

Abb. 56
Süd-Ungarn, Obanya, Döngölt-Tal 29.07.2003
Foto: EG

Abb. 57
Süd-Ungarn, Obanya, Döngölt-Tal 29.07.2003
Kragen schmal
Foto: EG

Abb. 58
Tschechien, Mähren, Mikulčice, 15.08.1993
Foto: WW

Abb. 59
Slowakei, Kaskady 02.08.1996;
Foto: HP

Abb. 60
Slowakei, Kaskady 02.08.1996;
Foto: HP

Abb. 61
Rumänien, Arad, 08.08.2017
Foto: HP

Abb. 62
West-Ungarn, Nyirád 01.08.2003
Foto: EG

Abb. 63
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 09.07.2003
breite, stumpfe Sepalen; Epichil deutlich breiter als Hypochil
Foto: EG

Abb. 64
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 09.07.2003
schmale spitze Sepalen
Foto: EG

Abb. 65
Süd-Ungarn, Obanya, Döngölt-Tal 29.07.2003
Kragen schmal
Foto: EG

Abb. 66
Süd Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.7.2003;
Foto: HP

Abb. 67
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003   
Blüte mit sehr breitem Epichil und Ep. moravica-artigem „Kragen“
Foto: WW

Abb. 68
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004
Foto: WW

Abb. 69
Süd-Ungarn, Mecseknádasd, Varasdi-Tal, 02.08.2004
Foto: WW

Abb. 70
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 15.07.2003
Foto: WW

Abb. 71
Tschechien, Mähren, Lipov, 31.07.2004
sehr selten ist der Blütenstiel leicht violett getönt
Foto: WW

Abb. 72
West-Ungarn, Nyirád (loc. typ.), 01.08.2004
Foto: WW

Abb. 73
Tschechien, Mähren, Mikulčice, 15.08.1993
Foto: WW

Abb. 74
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 27.06.2004
Studie der Säule
Foto: WW

Abb. 75
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 01.08.2004
Blattrand-Detail
Foto: WW

Abb. 76
Epichil und „Kragen” bei Ep. moravica und Ep. tallosii
Foto: WW

Abb. 77
Säulenform bei Ep. moravica und Ep. tallosii
Foto: WW

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Abb. 78
Variabilität der Säulen- und Klinandriumsrand-Kontur
Foto: WW


Ungarische Epipactis tallosii mit einzelnen Merkmalen von Epipactis moravica

Abb. 79
S-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003
Habitus und unterstes Tragblatt wie Ep. tallosii
Foto: WW


Abb. 80
Süd-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003
Habitus und unterstes Tragblatt wie Ep. tallosii
Foto: WW

Abb. 81   
Süd-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003
Epichil ähnlich Ep. moravica
Foto: WW

Abb. 82
Süd-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003          
Lippe wie Ep. tallosii, Säule wie Ep.moravica
Foto: WW

Abb. 83
Süd-Ungarn, Óbanya, Döngölt-Tal, 29.07.2003
Blütenöffnung wie Ep. moravica, Epichil wie Ep. tallosii
Foto: WW

Abb. 84
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 07.08.2002
Foto: WW

Abb. 85
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 07.08.2002
links fruchtende Ep. tallosii
Foto: WW

Abb. 86
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 07.08.2002
Foto: WW

Abb. 87
Ost-Ungarn, Tiszaderzs, 07.08.2002
Foto: WW


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