Biber-Ständelwurz
Epipactis fibri
G. SCAPPATICCI & K. ROBATSCH 1995


*Epipactis fibri* G. SCAPPATICCI & K. ROBATSCH, L’Orchidophile n° 116 April 1995,: 83-88

Abb. 1
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG



Abb. 2
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG



Abb. 3
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG




Abb. 4
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2007
Foto: UG
Typus: Frankreich, Rhône-Alps, Département du Rhône, Tupin-et-Semons; île de la Chèvre; Höhe: 145 m:

Syn.: Epipactis albensis var. fibri (G. SCAPPATICCI & K. ROBATSCH) DELFORGE

Etymologie:
fibri: --> fiber [lat.] bedeutet: Biber; Anspielung auf die Auwald-Biotope,
die sich diese Epipactis-Art mit dem Biber teilt.

Wuchs und Größe :

Pflanze schlank und zierlich, (5) 12 – 25 (39) cm, in der Regel einzeln stehend, ab und an in lockeren Gruppen mit bis zu 4 Pflanzen, keine sterile Exemplare bekannt, im Gesamterscheinungsbild hellgrün


Stängel:

an der Basis weißlich bis hellgrün, nach oben hin dann hellgrün, steif aufrecht, an dunklen Standorten dünn und zierlich, an helleren im Verhältnis zur Wuchshöhe eher kräftig

Blätter:

1-2 kleine Niederblätter grün, manchmal bräunlich, den Stängel scheidig umschließend, Anzahl der Laubblätter abhängig vom Lichtangebot; an dunklen Standorten bei hochwüchsigen Exemplaren kaum mehr als 4, lichtbegünstigt stehende Pflanzen bis zu 10 Blätter aufweisend; Blätter waagerecht abstehend, lanzettlich, am Ende überhängend, am Rand oftmals gewellt, oberseits frisch glänzend; Hochblatt in Form und Größe vermittelnd zwischen Laubblatt und Tragblatt

Blütenstand:

locker , ca. 1/3 bis 1/2 der Pflanzenhöhe einnehmend,
± allseitswendig, zum Teil mit unregelmäßigen Blütenhäufungen; Blütenanzahl und Ausrichtung stark abhängig vom Lichtangebot, Spindel kurz behaart

Fruchtknoten und Stiel:

Fruchtknoten hellgrün, Stiel 2 - 4 mm lang, Fruchtknoten 6 - 9 mm lang, schlank, beides spärlich und kurz behaart, bei flüchtigem Hinsehen kahl erscheinend, bei Fruchtreife Fruchtknoten kurz und dick, waagerecht oder aufwärts gerichtet

Tragblätter:

schmal lanzettlich, erstes Tragblatt oft Laubblatt-ähnlich, folgende Tragblätter ab der 3. Blüte deutlich kleiner werdend

Blüten:

sehr klein, von außen hellgrün, innen weißlich grün, ohne jegliche Rot-Färbungen (ausgenommen im Hypochil); immer nur ein Teil der Blüten gleichzeitig geöffnet, sodass das sich die Blütezeit einer Pflanze über mehrere Wochen erstrecken kann; bei ungünstiger Wetterlage (lang anhaltende Hitze und Trockenheit) auch kleistogam bleibend.

Bestäubung

obligat autogam

Sepalen:

eiförmig lanzettlich, gelblich grün, 6 mm lang und 4 mm breit (lt. Beschreibung von SCAPPATICCI & ROBATSCH 1995)

Petalen:

heller und etwas kleiner als Sepalen, innen weißlich grün, außen mit erhabenem grünen Mittelnerv

Hypochil

außen weißlich grün, innen zumeist hell-olivgrün, selten leicht bräunlich
Durchgang zwischen Hypo- und Epichil: V-förmig mit relativ breitem Kragen

Epichil/Kalli:

Epichil dreieckig, vorn stets zugespitzt; etwa so breit wie lang, 4 mm L x 3,5 mm B, ± gerade nach vorn gestreckt, zu Beginn mit aufgebogenen Rändern (Aufbiegung verliert sich im Blühverlauf), am Rand grünlich, in der Mitte weiß;
Kalli deutlich ausgebildet, weißlich, heller als der Epichilrand; bisher keine Rottöne im Epichil beobachtet

Gynostemium:

Klinandrium normal entwickelt (Pollinien im Klinandrium verbleibend), Anthere leicht gestielt, Pollinien über den Narbenrand hinaus ragend; Viscidium vorhanden, aber funktionslos,
Pollinien bereits im Knospenstadium locker, zerfallend, während der Blüte auf die Narbe bröselnd
Narbe breit kissenförmig (z.T. an Ep. helleborine erinnernd)

Blütezeit:

spät, mit großem Zeitfenster; erste Blüten in der 2. Juli-Hälfte (kurz nach Ep. helleborine), letzte Blüten noch im Spät-Herbst (November) zu finden

Variabilität:

Die Variabilität ist in erster Linie abhängig vom Lichtangebot.
Bemerkenswerterweise vermag die Art dunkle Auwald-Gebiete ebenso wie lichte Bereiche in Wiesenflächen zu besiedeln. In dunklen Bereichen erweist sie sich habituell als klassische Auwald-Ständelwurz, welche ausgesprochen stark an Epipactis albensis erinnert.
In lichten Bereichen werden die Stängel stärker und die Blatt- und Blütenanzahl erhöht sich deutlich.
Konstant bleibt jedoch die Blütenfärbung – unabhängig vom Biotop.
Verwechslungsmöglichkeiten:

Epipactis albensis (Mitteleuropa) ist habituell sehr ähnlich. Die sichtbaren Unterschiede liegen innerhalb der Blüten. Die Färbung der Blüte ist bei E. albensis variabler, die Blüten im Schnitt größer und das Hypochil innseitig meist bräunlich gefärbt.
Epipactis albensis besitzt bis auf Einzelexemplare in Brandenburg nie ein ausgebildetes Viscidium, sondern eine eher hufeisenförmige Narbenform. Die Anthere ist bei albensis größer ausgebildet und die Pollinien werden oft bereits im Knospenstadium über den Narbenrand geschoben.

Epipactis moravica (Tschechien, Mähren) ebenfalls habituell sehr ähnlich und sehr ähnlich bezüglich der Biotops-Ansprüche. Das Epichil ist breiter und mehr herzförmig ausgebildet mit herabgebogener Spitze, meist mit grünlichem Kallus und weißem Rand. Viscidium ebenfalls sehr gut entwickelt, zu Beginn der Blütezeit knorpelig und klebrig. Die Petalen sind scheuklappenartig vor das Gynostemium geschlagen und an den Spitzen verklebt, verwehren somit den freien Blick auf die Säule.

Epipactis leptochila (Südengland, gemäßigte Zonen Europas von den Pyrenäen bis Kroatien) kommt hauptsächlich in Buchenwäldern über Kalk vor, meidet dauerhafte Bodenfeuchte, wird höher, besitzt dunklere, derbere, am Rand kaum gewellte Blätter, deutlich kürzere unterste Tragblätter, etwas größere Blüten mit einem oft flacheren Hypochil, einem meist sehr breiten U-V-förmigen Durchgang und einem normalerweise längerem und spitz ausgezogenem Epichil.

Epipactis pontica (Türkei, Tschechien, Österreich, Ungarn, Rumänien) besitzt längere Blätter, einen zierlicheren Habitus mit dünnem Stängel, weist ein querelliptisches Epichil ohne Spitze mit gefärbtem Kallus und ein gut entwickeltes Viscidium auf.

Epipactis tallosii (Mähren, Slowakei, Ungarn) hat größere Blüten mit herabgebogenem Epichil, meist mit grünem Kallus und weißem Rand.

Verbreitung

Gebiet:

Submediterran, flussbegleitend im Rhône-Tal von Lyon, nach Süden bis fast zum Meer

Höhe:

60 - 160 m


Stand 2015
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info

Abb. 5
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 02.08.2007
In den Randbereichen dieses kleinen Sees (Altwasser-Seitenarm der Rhône) ist einer
der Lebensräume von Ep. fibri.
Foto: UG
Standort

Boden:

neutral bis leicht sauer

Exposition:

---

Biotoptyp:

meist schattige Weichholzaue im Uferbereich der Rhône, oft vergesellschaftet mit Arum maculatum und Hedera helix; zum Teil lichte Weg- und Wiesenränder, aber stets in Nähe des Uferbereiches der Rhône und ihrer Seitenarme.


Abb. 6
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 02.08.2007
Weichholzauwälder entlang der Rhône-Seitenarme als Lebensraum
Foto: UG
Besonderheiten

Bisher konnte diese Art nur entlang der Rhône nachgewiesen werden.


Problematik

Ökologisch und morphologisch steht Epipactis fibri sehr nah an der mitteleuropäischen Ep. albensis.
Trotz der großen Ähnlichkeit bestehen Zweifel, dass beide Sippen gleichen Ursprungs sind, sondern vielmehr Parallel-Entwicklungen.
Auch die nach wie vor bestehende Verbreitungslücke zwischen beiden Taxa ließ sich bisher nicht durch Neufunde schließen.


Abb. 7
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
In den Pappelwäldern finden sich vereinzelte Exemplare
Foto: UG

Abb. 8
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
innerhalb des Pappelwaldes
Foto: UG

Abb. 9
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
innerhalb des Pappelwaldes
Foto: UG

Abb. 10
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
innerhalb des Pappelwaldes
Foto: UG

Abb. 11
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 03.08.2007
Am Wegesrand im Naturschutzgebiet "Île du Beurre"
Foto: UG

Abb. 12
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 03.08.2007
Lichte wiesige Bereiche werden ebenso besiedelt wie Auwald-Bereiche
Foto: UG

Abb. 13
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 03.08.2007
Foto: UG

Abb. 14
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 03.08.2007
Exemplare an den lichtbegünstigten Wuchsorten werden etwas kräftiger und wirken gedrungener als die schattig stehenden "Wald"-Pflanzen.
Foto: UG

Abb. 15
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 16
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010; sehr lichter Pappelbestand, halbschattig zwischen Gräsern und Kräutern, im Umfeld auch Ep. helleborine (verblüht)
Foto: HP

Abb. 17
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 18
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 19
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 20
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2010
Foto: HP

Abb. 21
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 22
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 23
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 24
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 25
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 26
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 27
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 28
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 29
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 30
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 31
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 32
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 33
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007; kräftiges, lichtbegünstigt stehendes Exemplar
Foto: UG

Abb. 34
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
02.08.2007; Pflanzen in wiesigen Bereichen
Foto: UG

Abb. 35
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007; Exemplar im Auwald wachsend
Foto: UG

Abb. 36
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2007
Foto: UG

Abb. 37
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2007
Foto: UG

Abb. 38
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
07.08.2007
Foto: UG

Abb. 39
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 40
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 41
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 42
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 43
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 44
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 45
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 46
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica);
24.10.2010; fruchtend
Foto: HP

Abb. 47
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 48
Frankreich, Rhône,Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 49
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 50
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 51
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 52
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 53
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 54
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 55
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
19.07.2005
Foto: WW

Abb. 56
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 57
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
07.08.2007
Foto: UG

Abb. 58
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
01.08.2007
Foto: UG

Abb. 59
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 60
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
03.08.2007
Foto: UG

Abb. 61
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2007
Foto: UG
Abb. 62
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP

Abb. 63
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
04.08.2010
Foto: HP


Abb. 64
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.);
05.08.2010
Foto: HP

Abb. 65
Frankreich, Rhône Alpes, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
Säule aus einer Knospe
Foto: WW

Abb. 66
Frankreich, Rhône Alpes, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
Säule aus einer Blüte
Foto: WW


Abb. 67
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007;
Längsschnitt - Blüte aufgeblüht
Foto: UG


Abb. 68
Frankreich, Rhône, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
Längsschnitt - Blüte knospig
Foto: UG

Abb. 69
Frankreich, Rhône Alpes, Tupin-et-Semons (terra typica.); 01.08.2007
Blattrand
Foto: WW
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