Zierliche Ständelwurz
Epipactis exilis
P. DELFORGE (2004)


*Epipactis exilis * P. DELFORGE Natural. Belges 85 (Spécial Orchidées 17): 246 (2 Dec. 2004)

Abb. 1
Griechenland, Kambalos 24.07.2001
Foto: EG





Abb. 2
Italien, Serra San Bruno, Ferdinandea, 08.07.2000
Foto: HP





Abb. 3
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Foto: EG





Abb. 4
Griechenland, Vermion bei Tria Pigadia 24.07.2001
Foto: EG





Abb. 5
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Bachtälchen im Buchenwald
Foto: EG

Typus: Griechenland, Mazedonien, Mt. Vermion 8 km w Nauosa, nahe Tria Pigadia

Syn.:
Epipactis gracilis B. & H. BAUMANN, Mitteilungsbl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 20 (1): 26 (1988). nom. illeg.
Epipactis persica (S) NANNFELDT subsp. gracilis (B. & H. BAUMANN) ROSSI, Accad. Nazl. Lincei, Quad. 264: 297 (1990). nom. illeg.
Epipactis persica (S) NANNFELDT subsp. exilis (P. DELFORGE) KREUTZ, comb. et stat. nov.
Epipactis baumanniorum STRÖHLE, Jour. Eur. Orch. 36 (4): 1044 (8. Dez. 2004).

Etymologie:

exilis klein, schmächtig, nach einer charakteristischen Eigenschaft, dem schmächtigen, grazilen Wuchs.
gracilis

Größe und Wuchs :

schlanke, zierliche Pflanze, 17 - 35 cm groß; Blütentriebe einzeln, seltener truppweise

Stängel:

dünn, hellgrün, auch oben fast kahl (!) oder nur dünn und kurz behaart

Blätter:

Niederblätter am Grunde 1 grundständiges Blatt scheidenartig
Laubblätter 2-4, bei ausgewachsenen Pflanzen unterstes Blatt hoch über dem Boden, dunkelgrün bis grün, schmal, meist rinnig, sichelförmig gebogen, ziemlich klein,  größtes 3,5-5 x 1-2,3 cm, ungefähr so lang wie das zugehörige Internod

Blütenstand:

locker, gewöhnlich einseitwendig, 3–13 Blüten, meist wenigblütig

Fruchtknoten und Stiel:

grün, kahl bis leicht behaart, Stielchen grün

Tragblätter: lanzettlich, unterstes häufig länger als die Blüten

Blüten:

ziemlich klein, wenig geöffnet, glockig, anfangs abstehend, später leicht nickend, Lippe 7,0-7,5 mm lang

Bestäubung: Selbstbestäubung.

Sepalen:

glockenförmig zusammenneigend, 9-10 mm lang, eiförmig-lanzettlich, zugespitzt, hellgrün bis weißlichgrün, selten leicht rosa überlaufen

Petalen:

etwas kürzer als die Sepalen, weißlichgrün

Hypochil:

außen olivgrün, oberer Rand und der vordere Teil oft rosa, innen grünlich oder ockerfarben - rötlich – braun, nektarhaltig, 3-4 mm lang und breit

Durchgang zwischen Hypo- und Epichil:

V-förmig, breit

Epichil/Kalli:

breit dreieckig bis rundlich, recht kurz, Spitze manchmal leicht nach unten gebogen, grünlich, Rand oft gezähnt, Epichil an der Basis meist rötlich, vorderer Teil weißlich bis hellgrün, zweigeteilte große Kalli, meist rosa, mit vielgefurchten Aufwölbungen, der Mittelkallus häufig nicht erkennbar; Epichil am Übergang zum Hypochil nur selten eingeschnürt.


Gynostemium:

meist ungestielte, stumpfe Anthere, aus der die bröckeligen Pollenmassen frühzeitig in das Klinandrium und auf die Narbe gelangen.

Viscidium in der Knospe und in den frisch geöffneten Blüten deutlich erkennbar, aber meist unwirksam, trocknet bald ein, Pollinien zerfallen schnell,


Blütezeit:

M7-8

Variabilität:

Sehr konstant, kaum variabel.
Manchmal ist bei Blüten das Hypochil flacher, das Epichil deutlich verbreitert und nur mit einer schwachen Einschnürung zwischen Hypochil und Epichil versehen. Zum Teil kann die Einschnürung auch ganz fehlen (Abb. 29 , Abb. 49 , Abb. 52 und 53 ).

Verwechslungsmöglichkeit:

Sie ist der Epipactis persica sehr ähnlich. Diese ist deutlich größer, robuster und hat größere, breitere, nicht rinnige Blätter und einen etwas reichblütigeren Blütenstand. Das Epichil ist am Übergang zum Hypochil meist eingeschnürt.

Um quantitarive Werte über den Habitus von Epipactis persica mit denen von Epactis exilis vergleichen zu können, wurden 30 Exemplare von Epipactis persica aus dem Iran, Pakistan und der Türkei aus dem Renz-Herbar vermessen. Als Vergleich von BAUMANN veröffentlichte Werte von 28 Epipactis exilis aus Nordgriechenland und Süditalien bei BAUMANN (Mitt. Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 20 (1) 1988 S. 25),
Epipactis persica ist durchschnittlich deutlich größer:     
Höhe persica = 36,9 cm  Höhe exilis = 26,9 cm

Entsprechend sind auch die größten Blätter größer:
Länge persica = 5,55 cm / Länge exilis = 3,77 cm
Breite persica = 2,84 cm / Breite exilis = 1,38 cm

Das Verhältnis Blattlänge/-breite ist bei Epipactis exilis deutlich höher.
L/B persica = 1,95    L/B exilis = 2,73

Epipactis pontica hat längere Blätter, einen dicht flaumig behaarten, armblütigen Blütenstand. Die Kalli sind grünlich bis bräunlich.


Verbreitung

Gebiet:

Vor allem in Gebirgen Nord-Griechenlands, Bulgariens (z.B. Rila) und Italiens (Apennin). Auch im Zentrum Sardiniens (Steineichenwälder) und wenigen Fundorten in Kroatien (z.B. Ucka), Ungarn (Günser Gebirge) und der Slowakei. Es liegen auch Meldungen aus Frankreich (Cevennen, Puy-de-Dôme) und Griechenland (Peleponnes) vor.
Ob die aus Spanien gemeldeten Funde tatsächlich Epipactis exilis betreffen, muß noch geklärt werden.

Höhe:

700–1650 m




Stand 2023 Karte
Verbreitungsgebiet
Kartenquelle: www.mygeo.info
Standort

Boden:

frische, mäßig feuchte, basenreiche Böden.

Exposition:

----

Biotoptyp:

Luft- und oft boden-feuchte, lichte, unterwuchsfreie Buchen- und Eichenwälder, Häufig an Bachrändern.

Besonderheiten

-
Problematik

Da Epipactis exilis die Epipactis persica nach Westen ablöst und auch die morphologischen Unterschiede sehr gering sind, könnte sie als regionale Unterart betrachtet werden.


Abb. 6
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Pflanzen truppweise im Bachtälchen
Foto: EG

Abb. 7
Griechenland, Rhodopen, Sidironero, Kiefernwald; weitere Arten: Epipogium aphyllum, Corallorhiza trifida, Plat. spec., Goodyera repens, Ceph. damasonium, Neottia nidus-avis
Foto: HP

Abb. 8
Ungarn, Bozsok, Fichtenforst 19.07.1996;
weitere Arten:
E. albensis und Epipogium aphyllum

Foto: HP

Abb. 9
Ungarn, Velem, bachbegleitender Auwald, 20.07.1996
Foto: HP


Abb. 10
Kroatien, Zagreb, Buchenwald, 29.8.08 (Fruchtreife); weitere Arten: Epipogium aphyllum, Neottia nidus-avis, Ceph. damasonium, Ceph. rubra

Foto: HP


Abb. 11
Italien, Sardinien, Lanusei, unterwuchsarmer Steineichenwald, 30.05.2000
(vor der Blütezeit); weitere Arten: E. tremolsii / lusitanica (aufblühend), E. microphylla, Lim. abortivum, Lim. trabutianum, Neottia nidus-avis, Ceph. longifolia
Foto HP

Abb. 12
Italien, Piacenza, Morfasso, 04.07.2000;
weitere Arten: E. helleborine, E. purpurata
Foto: HP

Abb. 13
Italien, Serra San Bruno, Ferdinandea, 08.07.2000
Foto: HP

Abb. 14
Griechenland, Pindus-Park 26.07.2001
Foto: EG

Abb. 15
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Foto: EG

Abb. 16
Griechenland, Pindusgebirge 20.07.1991
Foto: EG

Abb. 17
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 25.07.2008
Foto: HZ

Abb. 18
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 26.07.2008
Foto: HZ

Abb. 19
Italien, Piacenza, Morfasso, 15.07.2000

sehr kleine Pflanzen können blühen
Foto: WW

Abb. 20
Frankreich, Dep. Gard, Col du Mas de l'Ayre, 20.07.2010

Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 21
Frankreich, Dep. Puy de Dôme, Cotteuges, 19.07.2008

Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 22
Ungarn, Bozsok, 13.07.1996
Foto: WW

Abb. 23
Italien, Pollino Rifugio Fasanello 26.07.08
Foto: EG

Abb. 24
Italien, Piacenza, Morfasso, 04.07.2000
Foto: HP

Abb. 25
Ungarn, Bozsok, 12.08.2008
Foto: UG

Abb. 26
Sardinien, Lanusei, 30.5.2000, ca. 2 Wochen vor der Blütezeit
Foto: HP

Abb. 27
Griechenland, Millea Trikkala 27.07.2001
rechts Epipactis exilis fruchtend; links ungeklärte Epipactis-Sippe
Foto: EG

Abb. 28
Ungarn, Bozsok, 03.08.1996
fast kahler Stängel
Foto: WW

Abb. 29
Italien, Piacenza, Morfasso, 04.07.00, extrem wenig gegliederte Lippe
Foto: HP

Abb. 30
Italien, Piacenza, Morfasso, 15.07.2000
Foto: WW

Abb. 31
Frankreich, Dep. Gard, Malons, 20.07.2007

Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 32
Ungarn, Velem, 20.07.1996
Foto: HP

Abb. 33
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 26.07.2008
Foto: HZ

Abb. 34
Frankreich, Dep. Puy de Dôme, Cotteuges, 19.07.2008

Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 35
Griechenland, Pindus, Katara-Pass, 11.07.2000
Foto: HP

Abb. 36
Frankreich, Dep. Gard, Malons, 20.07.2007
Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 37
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Foto: EG

Abb. 38
Griechenland, Pindusgebirge Kastanea 20.07.1991
Foto: EG

Abb. 39
Griechenland, Milea Trikkala 27.07.01
Foto: EG

Abb. 40
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 25.07.2008
Foto: HZ

Abb. 41
Ungarn, Bozsok, 13.07.1996
Foto: WW

Abb. 42
Griechenland, Auffahrt Vitsi 13.07.1991
Foto: EG

Abb. 43
Ungarn, Bozsok, 13.07.1996
Foto: WW

Abb. 44
Frankreich, Dep. Gard, Col du Mas de l'Ayre, 20.07.2010

Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 45
Kroatien, Medvednica, 760m, 11.07.2009,
nur sehr schwach gefärbtes Epichil
Foto: SH

Abb. 46
Kroatien, Oltari, 935m, 14.07.2009,
intensiv gefärbtes Epichil
Foto: SH

Abb. 47
Italien, Serra San Bruno, Ferdinandea, 08.07.2000, deutlich gegliederte Lippe
Foto: HP
Abb. 48
Kroatien, Oltari, 935m, 14.07.2009,
Junger, ebener Buchenwald; es fehlt der übliche scharfe Einschnitt zwischen den Kalli; auffallend großes Viscidium.
Foto: SH

Abb. 49
Italien, Piacenca, Morfasso, 04.07.2000, extrem wenig gegliederte Lippe
Foto: HP

Abb. 50
Kroatien, Medvednica, 760m, 11.07.2009,
südseitiger Buchenwald mit Epipogium aphyllum;
kaum Gliederung des Kallus
Foto: SH

Abb. 51
Ungarn, Bozsok, 03.08.1996
fruchtende Pflanze
Foto: WW

Abb. 52
Kroatien, Medvednica, 760m, 11.07.2009,
südseitiger Buchenwald mit Epipogium aphyllum;
ungegliederte Lippe, kein Rosa auf der Epichilbasis
Foto: SH

Abb. 53
Frankreich, Dep. Puy de Dôme, Cotteuges, 19.07.2008

ungegliederte Lippe, kein Rosa auf der Epichilbasis
Foto: A. GÉVAUDAN

Abb. 54
Italien, Piacenza, Morfasso, 04.07.2000
Foto: HP

Abb. 55
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 25.07.2008
Spindel und Fruchtknoten sind fast kahl
Foto: WW

Abb. 56
Ungarn, Bozsok, 19.07.1996
Foto: HP

Abb. 57
Ungarn, Bozsok, 13.07.1996
Studie der Säule
Foto: WW

Abb. 58
Italien, Kalabrien, Mte. Pollino, 25.07.2008
Blattrand-Detail
Foto: WW

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